© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Orientalische Impulse für die deutsche Wirtschaft
Strompreiserhöhung: Der Wechsel des Anbieters kann böse Überraschungen bringen / Fragwürdige Stromlieferverträge
Marco Meng

Als voriges Jahr RWE, Eon, Vattenfall und EnBW Strompreiserhöhungen ankündigten, wechselten viele Haushalte ihren Anbieter, und übers Internet geht das ganz einfach. So manch einer gelangte da an die 2009 gegründete Stromio GmbH in Düsseldorf, die nicht nur wegen ihres „Neukundenbonus“ günstig schien, sondern auch mit einer zwölfmonatigen Preisgarantie warb. Die schriftliche Vertragsbestätigung, die kurz vor dem Lieferbeginn eintraf, enthielt dann aber plötzlich nur noch einen „verbrauchsabhängigen Bonus“.

Inzwischen beklagen zahlreiche Kunden in der Lokalpresse oder bei den Verbraucherzentralen, daß der versprochene „Discountpreis“ trotz Preisgarantie kurzfristig kräftig erhöht wurde. Andere monieren, daß Zählerstände nicht korrekt abgerechnet werden. Doch damit beginnt weiterer Ärger, denn alle Reklamationen, die elektronisch, per Brief oder Fax an das in Magdeburg ansässige Stromio-Kundencenter geschickt werden, bleiben unbeantwortet. Trotz Widerruf der Einzugsermächtigung wird der monatliche Abschlag weiter vom Konto abgebucht. Hinzu kommt, daß das „Kundencenter“ nur eine Postfachadresse hat, man also nichts per Einschreiben schicken kann. Telefonisch erreicht man auch nichts, die 0180er-Nummer führt zu einer teuren Warteschleife.

Der Stromio-Geschäftsführer Ömer Varol gilt dennoch seit Jahren als erfolgreicher Unternehmer. So war oder ist er nebenbei auch Geschäftsführer der gas.de Versorgungsgesellschaft mbH, der 01077 Callax Telecom Holding GmbH, der 01058 Telecom GmbH, Pennyphone GmbH (010058) oder der Ring Mobilfunk GmbH. Alle diese Firmen wurden allerdings auffällig, Kunden berichteten, sie hätten nie ihre SIM-Karten oder PIN-Nummern erhalten oder diese funktionierten nicht. Seltsam ist auch, daß die Varol-Unternehmen oft ihre Firmierung ändern, so wurde aus der Voipax GmbH die 010057 Telecom GmbH, aus der Bright Energy GmbH wurde die Super Energie Versorgungsgesellschaft mbH. Der neueste Clou ist die Universal Utility Investment GmbH & Co. KG in Münster, die Investoren für die Firmen von Ömer Varol sucht.

Dessen Bruder Selim Varol ist unter anderem Geschäftsführer der Digitel GmbH in Kaarst, die „audio-visuelle Services“(sprich: „erotische Livegespräche“) anbietet. Er fährt gerne Porsche und wird auf der Düsseldorfer Kö als „Kunstsammler“ gefeiert, weil er Plastik-Spielfigürchen sammelt und die der Schicki-Micki-Gesellschaft gerne bei Lachs und Champagner präsentiert.

Neben der Mega Satellitenfernsehen GmbH residiert in Kaarst auch eine Mega Communications GmbH, die von einem Necip Varol geführt wird. Sie wirbt damit, ein „kompetenter Ansprechpartner in allen Fragen rund um das Thema Telekommunikation“ zu sein. Tochterfirmen gebe es in Polen, Griechenland und der Türkei.

Natürlich sind die einzelnen Summen, die bei einem solch fragwürdigen Telefon- oder Stromliefervertrag zusätzlich bezahlt werden müssen, in der Regel so klein, daß die wenigsten deswegen Strafanzeige stellen werden. Die meisten werden einfach froh sein, aus dem Vertrag wieder herauszukommen. Doch das kann dauern. Denn hat man etwa bei Stromio fristgerecht gekündigt, kann es einem passieren, daß der künftige Stromversorger mitteilt: „Ihr bisheriger Stromlieferant, die Stromio GmbH, hat uns leider mitgeteilt, daß die Kündigung Ihrer Lieferstelle nicht akzeptiert wird.“ Der Grund für die Ablehnung sei: „Lieferadresse nicht identifizierbar.“

Angesichts dessen sei jedem Stromkunden angeraten, vor Abschluß eines neuen Vertrages sich das Kleingedruckte und das Firmenimpressum des Vertragspartners genau anzuschauen.

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