© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Ironie des Schicksals
Sex und Drogen: Nachruf auf Günter Amendt
Werner Olles

Nachdem Günter Amendt 1966 aus Kalifornien nach Frankfurt zurückgekehrt war, setzte er bei Adorno sein an der Universität von Berkeley begonnenes Soziologiestudium fort. Doch hatte er von dort auch den rebellischen Geist mitgebracht, der bald schon in der Studentenbewegung von 1968 wirksam wurde. Amendt wurde im Sozialistischen Deutschen Studentenbund aktiv und gehörte im Frankfurter SDS zu den führenden Akteuren. Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke führte er Ostern 1968 die gewalttätigen Anti-Springer-Demonstrationen in der Main-Metropole an.

Darüber hinaus betätigte er sich als Schriftsteller. Sein erstes Buch „Kinderkreuzzug. Beginnt die Revolution an den Schulen?“ avancierte schnell zu einem Bestseller, wurde jedoch von seinem zwei Jahre später erschienenen Buch „Sexfront“, das sich über 500.000mal verkaufte, noch weit übertroffen. Amendt, der 1972 mit einer Forschungsarbeit zum Sexualverhalten Jugendlicher in der Drogensubkultur promoviert wurde, plädierte in „Sexfront“ für eine „selbstbestimmte Sexualität“ Jugendlicher, die sämtliche (Ab)arten sexueller Neigungen einschloß.

Nach der Auflösung des SDS trat der bekennende Homosexuelle in die Deutsche Kommunistische Partei ein. Gleichzeitig zog er sich aus der sexualpolitischen Diskussion zurück und wandte sich einem neuen Betätigungsfeld zu: der Drogenpolitik. Er veröffentlichte mehrere Bücher zu diesem Thema, übte scharfe Kritik an der „Keine Macht den Drogen“-Kampagne, forderte eine Entkriminalisierung des Drogengebrauchs und propagierte ein „Recht auf Rausch“.

Ehemalige Drogenabhängige, Selbsthilfe- und Therapieeinrichtungen wie „Synanon“ warfen Amendt eine Verharmlosung gefährlicher Drogen vor. Mit dem Argument, daß Drogen nun einmal zu einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung dazugehörten, und ihre Kriminalisierung ohnehin nur die Schwächsten treffe, wies Amendt diese Kritik jedoch zurück.

Am 12. März nun ist Günter Amendt im Alter von 71 Jahren gemeinsam mit drei Freunden in Hamburg bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Der Unfallverursacher war über eine rote Ampel gerast und dann mit seinem Auto in eine Menschengruppe geschleudert. Ein Polizeisprecher bestätigte, daß der Mann unter Rauschgifteinfluß stand. Bei aller Tragik des Geschehens mutet dies fast wie eine Ironie des Schicksals an.

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