© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/11 01. April 2011

„Das Ergebnis seiner Arbeit ist eine Lüge“
Portugal: Neuwahlen im Angesicht des drohenden Staatsbankrotts / Liberal-konservative PSD hofft auf absolute Mehrheit
Michael ludwig

Ich habe dem Charme und dem jugendlichen Elan unseres MinisterpräsidentenJosé Sócrates vertraut. Aber er hat es nicht geschafft, die Probleme Portugals zu lösen. Das Ergebnis seiner Arbeit ist eine Lüge“, schimpft Augusto Santo (59), Taxifahrer in Lissabon, gegenüber der spanischen Zeitung El Mundo. So wie dem Taxifahrer geht es der überwiegenden Zahl der Portugiesen – sie lassen an ihrer sozialistischen Regierung kein gutes Haar und schwelgen in Pessimismus.

Die Abkehr von José Sócrates, der mit seiner linksgestrickten Partei seit sechs Jahren die Geschicke Portugals lenkt, hat nun auch im Parlament seinen Niederschlag gefunden. Zur Abstimmung stand ein Sparpaket. So sollten die Gehälter im öffentlichen Dienst um fünf Prozent gekürzt, die Renten eingefroren und die Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent erhöht werden. Die oppositionelle liberal-konservative Sozialdemokratische Partei (PSD) trug bis vor kurzem den Wirtschaftskurs mit, doch als die sozialistische Minderheitsregierung weitere Kürzungen beschloß, scherte die PSD aus. In der Parlamentsdebatte vergangener Woche prallten die politischen Wunschvorstellungen unversöhnlich aufeinander. In einer emotional gefärbten Rede zeichnete Finanzminister Teixeira dos Santos ein Katastrophenszenario, das Wirklichkeit werden würde, falls die Opposition die Vorschläge der Regierung ablehnte. Für die PSD stieg Manuela Ferreira Leite in den Ring. Sie warf Sócrates vor, das Vertrauen weiter Teile der Bevölkerung verspielt zu haben, weshalb er abtreten müsse.

Als die Regierungsvorlage scheiterte, blieb Premier Sócrates nichts anderes übrig, als Staatspräsident Cavaco Silva (PSD) um die Entlassung zu bitten. „Zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt“, erklärte Sócrates. Laut Verfassung sollen in dem vom Staatsbankrott bedrohten Land (siehe Seite 10) innerhalb der nächsten sieben Wochen Neuwahlen stattfinden, bis dahin wird Sócrates weiter Regierungschef bleiben. Er kündigte an, erneut als Spitzenkandidat anzutreten.

Die PSD kann den Urnengang gelassen abwarten, denn Meinungsumfragen zufolge führt sie deutlich vor den Sozialisten. PSD-Parteichef Passos Coelho hofft gar auf die absolute Mehrheit.

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