© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/11 08. April 2011

Sturm der Entrüstung mit Ansage
Islamkonferenz: Die vorhersehbaren Reaktionen der Moslemverbände
Felix Krautkrämer

Daß Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf seiner ersten Islamkonferenz keinen leichten Stand haben würde, war abzusehen. Zu sehr hatte er mit seiner Äußerung, der Islam sei historisch gesehen kein Teil Deutschlands, die Moslemverbände gegen sich aufgebracht. Und so reichte dann auch ein einfacher Appell Friedrichs, um unter Islamvertretern und Opposition erneut einen Sturm der Entrüstung zu entfachen.

Der CSU-Politiker hatte die islamischen Gemeinden dazu aufgerufen, stärker auf Radikalisierungstendenzen in ihren eigenen Reihen zu achten und ihnen eine „Sicherheitspartnerschaft“ vorgeschlagen. Man müsse gemeinsam tätig werden, um Radikalisierung und Extremismus vorzubeugen. Eine Forderung, die spätestens seit dem Auffliegen der Sauerland-Terrorzelle nicht ganz unbegründet ist. Dennoch folgte die Antwort umgehend: Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, warnte davor, die Islamkonferenz zu einer „sicherheitspolitischen Konferenz“ umzufunktionieren. Mehrere muslimische Teilnehmer der Islamkonferenz warfen Friedrich in einer gemeinsamen Erklärung vor, „die vielfältigen Erscheinungsformen des Islams in Deutschland wieder einmal auf extremistisches Potential und Gefahrenmomente“ zu reduzieren.

Kritik kam auch vom Vorsitzenden des Deutsch-Türkischen Forums der CDU Nordrhein-Westfalen, Bülent Arslan: Der Innenminister beschädige den Dialog mit den Muslimen, empörte sich der CDU-Funktionär. Es sei der falsche Weg, den Fokus der Islamkonferenz auf sicherheitspolitische Aspekte zu legen. Das hochsensible Thema der Prävention von islamistischem Extremismus und Terrorismus dürfe nicht mit der Integration von Muslimen vermengt werden.

Ähnlich äußerte sich Berlins Regierender Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), der Friedrich vorwarf, „in alter CSU-Parteitradition alle Muslime unter Generalverdacht“ zu stellen. Der Versuch, die Islamkonferenz als Hilfsorgan der Ermittlungsbehörden zu instrumentalisieren, sei perfide. Anstatt zusammenzuführen, habe Friedrich Irritationen ausgelöst. Wowereits Parteifreundin Aydan Özoguz, ihres Zeichens Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, rief gar zum Boykott der Veranstaltung auf. Die Muslime sollten nicht mehr an der Islamkonferenz teilnehmen, bis ein anderer die Leitung übernehme. Und Memet Kilic, integrationspolitischer Sprecher der Grünen, hielt der Union vor, in Sachen Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland einen Zickzackkurs zu fahren. „Dieser führt nur zur Irritation, und eine Irritationskonferenz à la Union brauchen wir nicht“, kritisierte der Grünen-Politiker.

Friedrich dagegen verteidigte in der Süddeutschen Zeitung seinen Vorstoß: Man müsse „Probleme wirklich ansprechen und sie nicht politisch korrekt ausblenden“. Die SPD versuche vielmehr, mit ihrem Boykottaufruf die Muslime zu spalten. Unterstützung erhielt er dabei vom innenpolitischen Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer. Die islamischen Gemeinden seien in der Verpflichtung, auf mögliche extremistische Tendenzen in ihren Reihen zu achten, sagte Mayer der JUNGEN FREIHEIT. „Es ist das gute Recht des Innenministers, sie darauf auch aufmerksam zu machen.“ Der Opposition gehe es hingegen nur darum, Friedrich als Hardliner zu stigmatisieren. Dies könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß es die Union gewesen sei, die die Islamkonferenz überhaupt ins Leben gerufen habe. „Die Oppositionsvertreter haben immer nur viele Worte geschwungen. Wirklich etwas für die Integration aber haben sie nicht getan“, kritisierte der CSU-Innenexperte.

In der Tat dürfte es sich bei den Attacken von SPD und Grünen gegen die Islamkonferenz weniger um inhaltliche als um parteipolitische Überlegungen handeln. Bis heute scheint es Rot-Grün nicht verwunden zu haben, daß die medienwirksame Veranstaltung auf den früheren Innenminister Wolfgang Schäuble zurückzuführen ist – und damit auf einen CDU-Mann. Zum anderen fürchten die Parteien um ihren traditionellen Einfluß auf die islamischen Einwand-
erergruppen. Gerade Türken mit deutscher Staatsbürgerschaft stellen beispielsweise einen wachsenden Wahlfaktor. Von den staatlichen Geldern, die sich mit dem Thema Integrationsförderung abgreifen lassen, ganz zu schweigen.

 Doch nicht nur aus den eigenen Reihen erhielt Friedrich Zustimmung. Die Islamkritikerin Necla Kelek lobte, er sei der erste Politiker, der den Moschee-
vereinen etwas abverlange, nämlich zum Schutz der Gesellschaft aktiv zu werden, schrieb die Soziologin in der Welt. Wenn offen darüber diskutiert werde, „ob ein Bürger dieses Landes zumindest in Sicherheitsfragen loyal gegenüber der Gesellschaft sein sollte, dann verändert sich auch das von der Sozialpolitik eingehegte Leben der Migranten“.

Am deutlichsten wurde jedoch der Vizevorsitzende der Alevitischen Gemeinde Deutschlands, Ali Ertan Toprak: „Es ärgert mich, daß SPD und Grüne immer meinen, sie müßten in unserem Namen sprechen“, sagte Toprak, der selbst Grünen-Mitglied ist. „Ich verbitte mir derlei parteipolitische Auseinandersetzung, während wir in der Islamkonferenz an wichtigen Ergebnissen arbeiten.“

Foto: Innenminister Friedrich (CSU): Parteipolitische Überlegungen

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