© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/11 08. April 2011

Christentum und Islam in der deutschen Lifestyle-Moderne
Zweierlei Präsenz der Religion
(ob)

Die lässige Art, mit der im letzten Herbst die Zeit zu „Hausbesuchen bei vier Atheisten“ einlud, stehe symptomatisch dafür, wie man heute im Feuilleton über Religion parliere – „schmerz- und anstrengungsfrei, leicht und locker wie über andere Lifestyle-Themen“. Im eklatanten Gegensatz dazu, so die Münsteraner Historiker Thomas Großbölting und Klaus Große Kracht, steche die Aufgeregtheit der Diskussion über den Islam und die Integration von Muslimen ins Auge (Zeithistorische Forschungen 3/2011). Herrsche zwischen Christentum und säkularer Umwelt Entspannung bis zur Gleichgültigkeit, müssen Zeitdiagnostiker überrascht konstatieren, wie stark über „die neue Sichtbarkeit des Islam“ die Religion „wieder zum Thema“ werde. Auch wenn es darüber hinaus keine „Renaissance des Religiösen“ gebe – bei der Mehrheit der europäischen Christen seien die Gottesbilder der 1950er Jahre so wenig mehr anzutreffen wie traditionelle, familiengebundene Kirchlichkeit –, entbinde es Historiker nicht von der Pflicht, heute gültige Glaubensinhalte zu erforschen. Die neuen, individualistischen Formen religiöser Sinnsuche sollten selbst dann deren Neugier wecken, wenn zu vermuten ist, daß diese sozial kaum noch relevant seien. Denn selbst solche extremen Reduktionen des religiösen Sinnbedürfnisses können „zivilgesellschaftliche Konsequenzen“ haben.  www.zeithistorische-forschungen.de

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