© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/11 08. April 2011

Frisch gepresst

Eurofaschismus. Wenn in jedem Gedanken ein Gefühl steckt, wie Nietzsche glaubte, dann hat Günter Maschke mit seiner zackig-knappen Analyse enthüllt, daß die Gefühle Pierre Drieu la Rochelles (1893–1945) keine tragfähige politische Konzeption gebären konnten. War doch das zentrale Erlebnis dieser schillerndsten Gestalt des französischen Faschismus das „Vorwärtsstürmen im Kugelhagel“, bei dem das eigene Handeln, Denken und Empfinden mit dem der Kameraden zu einem „kollektiven Elan“ zusammenfließt. Drieus „Heimweh“ nach solchen „existentiellen Ausnahmesituationen“ habe ihm als Maßstab gedient, um Frankreichs Gesellschaft und Politik nach 1918 als „dekadent“ zu geißeln, preisgegeben dem „Verfall der Familie, der Auflösung von Ehre und Treue“, bar jedes Machtinstinkts und des Willens, den Aufstieg der USA zu verhindern. Seit 1933 zudem überreif, sich dem NS-Reich unterzuordnen. Maschkes große Linien ziehendes Drieu-Porträt leitet als Vorwort Benedikt Kaisers Studie ein, die den Weg des Dandys, „Frauenmannes“, Zeitkritikers hin zum prominenten „Kollaborateur“ nachzeichnet, dessen Hoffnung auf Deutschland als gütiger Hegemon Europas aber seit 1940 nur enttäuscht wurde und der im März 1945 daher im Bilanzsuizid inklusive Spätbekehrung zum Kommunismus endete. (wm)

Benedikt Kaiser: Eurofaschismus und bürgerliche Dekadenz. Europakonzeption und Gesellschaftskritik bei Pierre Drieu la Rochelle. Regin-Verlag, Kiel 2011, broschiert, 158 Seiten, Abbildungen, 18,95 Euro

 

Das alte Pommern. Wieder einmal eine Museumsführung durch das versunkene ostdeutsche Troja. Diesmal öffnen sich die Räume für „Das alte Pommern“, die Agrarprovinz zwischen Rügen und Leba. Die Archivare Dirk Schleinert (Magdeburg) und Heiko Wartenberg (Greifswald) griffen in den Fundus des Pommerschen Landesmuseums und ergänzten ihre Auswahl durch Schnappschüsse aus privater Hand, die ihnen nach einem Aufruf in der Pommerschen Zeitung zugingen. Mit jeweils kurzen Einleitungen versehen, vergegenwärtigen ihre fotografischen Schätze „Das landwirtschaftliche Jahr und seine Arbeiten“, „Feste und Brauchtum“, „Ländliche Architektur“, „Landwirtschaftliche Technik“ und „Fischerei“. (ob)

Dirk Schleinert, Heiko Wartenberg:  Das alte Pommern. Leben und Arbeiten auf dem platten Land. Hinstorff Verlag, Rostock 2010, gebunden, 120 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

11. April 1981: Im Londoner Stadtteil Brixton kommt es zu schweren Rassenunruhen. Die Straßenkämpfe zwischen Polizei und meist schwarzen Jugendlichen fordern über 200 Verletzte, 25 abgebrannte Häuser und über 200 geplünderte Pubs und Geschäfte.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen