© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/11 15. April 2011

Lockerungsübungen
Einnahmequelle Klimaschutz
Karl Heinzen

Die EU-Kommission möchte eine Reform der Energiesteuer-Richtlinie auf den Weg bringen, die insbesondere auf eine Anpassung der fiskalischen Berechnungsgrundlagen zielt. Leiteten sich die auf Kraftstoffe erhobenen Abgaben bislang aus der Verbrauchsmenge ab, so sollen diese nunmehr an deren jeweiligem Energiegehalt festgemacht werden. Falls sich die EU-Kommission mit ihrem Plan durchsetzt, kämen in erster Linie auf die Halter von Diesel-Fahrzeugen höhere Belastungen zu, da dieser Kraftstoff energiehaltiger als Benzin ist und im Lichte der neuen Philosophie als fiskalisch unterbewertet gelten darf. So würde sich ein Liter an den deutschen Tankstellen, wenn man von den aktuellen Steuersätzen ausgeht, um 28 Cent verteuern.

Der Protest der Fahrzeughersteller ist verständlich, doch wissen sie bloß das Argument ins Feld zu führen, daß durch stetige Verbesserung der Dieseltechnologie doch so viel für den Klimaschutz geleistet worden sei. Für den Fiskus dürfte dieser Gesichtspunkt unerheblich sein. Sein Augenmerk muß sich darauf richten, neue Einnahmequellen zu ersinnen, die die Bürger hinnehmen könnten, da ihre zusätzliche Belastung im Interesse höchster Menschheitsziele erfolgt. Mehr noch als öffentliche Sicherheit und Gesundheit sind Klima- und Umweltschutz heute zur Legitimierung von Steuern am besten geeignet. Hierin dürfte der Hauptgrund dafür zu suchen sein, daß die Ökologie auf der politischen Agenda so weit nach vorne gerückt ist.

Der Charme der Kraftstoffsteuer liegt aus staatlicher Sicht darin, daß die Bürger ihr bislang nicht durch eine Verhaltensänderung ausweichen. Obgleich die Preise für Benzin und Diesel in den vergangenen Jahren unablässig und drastisch gestiegen sind, geht das Verkehrsaufkommen nicht zurück, sondern wächst. Erst wenn die Bürger ihr Auto stehen ließen, würde ihr Protest gegen Preiserhöhungen Wirkung zeitigen können, da der Staat in die Defensive gedrängt wäre. Konterte er mit einer weiteren Einschränkung des öffentlichen Personennahverkehrs, würden sie eben nur noch mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sein. Auch wenn die grünen Parteien zahm und konformistisch geworden sind, hat die einstige grüne Utopie von einer Entschleunigung des Lebens nichts an revolutionärer Sprengkraft eingebüßt.

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