© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/11 15. April 2011

Blamage für die USA
Vor 50 Jahren scheiterte die Invasion von Exilkubanern in der Schweinebucht
Paul Leonhard

Mit einer großen Militärparade wird Kuba am 16. April in Havanna des 50. Jahrestages der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht gedenken. Auch der zeitgleich stattfindende VI. Parteitag der kommunistischen Partei ist der „größten militärischen Niederlage der USA in Amerika“ gewidmet, wie die Abteilung für Internationale Beziehungen in einem Schreiben „An die Freunde Kubas“ mitteilt. Gemeint ist der Versuch der Männer der „Brigade 2506“, Mitte April 1961 das Castro-Regime gewaltsam zu stürzen. Bereits im März 1960, über ein Jahr nach der Machtergreifung von Fidel Castro, war die Central Intelligence Agency (CIA) von US-Präsident Dwight D. Eisenhower beauftragt worden, eine „angemessene paramilitärische Streitmacht“ aus Exilkubanern für einen Umsturzversuch auf Kuba aufzubauen. Nachfolger John F. Kennedy zeigte sich allerdings von den Planspielen wenig begeistert. Erst als ihm Geheimdienstchef Allen W. Dulles versicherte, daß eine Invasion einen Aufstand in den kubanischen Städten auslösen würde, stimmte Kennedy unter der Bedingung zu, daß sich keinerlei US-Soldaten an der Aktion beteiligen.

Die aus 1.500 Kubanern bestehende „Brigade 2506“ sollte auf Kuba landen und ausreichend Terrain erobern und halten, damit eine in Miami gebildete Exilregierung eingeflogen werden konnte. Diese sollte dann zum Volksaufstand gegen das Castro-Regime aufrufen und die USA um militärische Hilfe bitten. Angelandet werden sollte die Einheit ursprünglich nahe der alten Kolonialstadt Trinidad. So hätten die Invasoren Unterstützung durch die im Escambray-Gebirge dem Regime erbitterten Widerstand leistenden etwa 1.000 Partisanen erhalten. Dann aber wurde die Landung in das wenig bevölkerte und als schwer zugänglich geltende Zapata-Sumpfgebiet verlegt. Zudem waren die Vorbereitungen und vor allem die militärische Ausbildung antikommunistisch eingestellter Kubaner durch die CIA nicht geheim geblieben. Mehrere Medien berichteten über eine geplante Invasion auf Kuba. Vergeblich versuchte Präsident Kennedy die Öffentlichkeit zu beruhigen, als er fünf Tage vor dem Angriff versicherte, daß „eine Invasion Kubas durch die Streitkräfte der USA“ nicht stattfinden werde: „Die Auseinandersetzung über die Zukunft Kubas findet nicht zwischen den USA und Kuba, sie findet zwischen den Kubanern selbst statt.“

Castro war gewarnt und versetzte Armee, Volksmiliz und Polizei in Alarmzustand und ließ 100.000 vermutete Regimegegner in Sicherheitsverwahrung nehmen. Die letzten Illusionen nahm am 15. April ein Angriff von Kampfflugzeugen auf die Flughäfen der Insel. Die Piloten sollten mit ihren mit kubanischen Hoheitsabzeichen versehenen Maschinen Castros Luftwaffe am Boden zerstören – was nur zum Teil gelang – und gleichzeitig der Weltöffentlichkeit einen innerkubanischen Militärputsch vorgaukeln.

Auch die Landung der „Brigade 2506“ am Morgen des 17. April wurde ein militärisches Fiasko. Als die im Landesinneren zur Sperrung der Versorgungsstraßen abgesetzten Fallschirmjäger ihre Positionen einnahmen, verfügten sie durch Navigationsfehler beim Abwurf weder über Funkgeräte noch über ausreichend Munition. In der Schweinebucht geriet wiederum bereits das Vorauskommando durch einen unglücklichen Zufall in ein Feuergefecht mit Castros Miliz. Die nachfolgenden Einheiten wurden von Artillerie und Panzern zusammengeschossen, die Versorgungsschiffe von der kubanischen Luftwaffe angegriffen.

Da Kennedy den Exilkubanern die Unterstützung durch die US-Luftwaffe versagte, war der Spuk nach 72 Stunden beendet. Castro feierte seinen „ersten Sieg über den Yankee-Kapitalismus“. Angeblich will er mit einem Schuß aus einem russischen T-34-Panzer das Versorgungsschiff „Houston“ eigenhändig versenkt haben. 1.197 Brigadisten gingen in Gefangenschaft. Die Kommunisten in Havanna machten ihnen öffentlich den Prozeß und tauschten die Männer später gegen Medizin und Lebensmittel im Wert von 53 Millionen Dollar aus.

Die ganze Aktion sei „lächerlich oder tragisch oder beides gewesen“, heißt es in einem erst 1998 veröffentlichten Geheimbericht von 1962. In diesem beschreibt CIA-Generalinspekteur Lyman Kirkpatrick die Freiwilligentruppe als einen Einheit schlecht ausgebildeter, undisziplinierter und mangelhaft versorgter Söldner.

Der gescheiterte Invasionsversuch war für die USA auch ein politisches Debakel. Er stabilisierte das Castro-Regime und trieb es gleichzeitig in die Arme der Sowjetunion. Und es war auch deswegen eine Demütigung, weil Castro und seine Kämpfer im Dezember 1956 selbst mit ihrer Yacht „Granma“ zu spät und am falschen Ort gelandet waren, ebenfalls unmittelbar von Regierungstruppen angegriffen und fast komplett aufgerieben wurden und letztlich doch siegreich geblieben waren.

Kennedy wurmte die Niederlage so, daß er Sabotageakte gegen Kuba anordnete und noch bis zum Herbst 1962 einen Anlaß suchte, um mit 60.000 US-Marines das Castro-Regime doch noch stürzen zu können. Später stellte sich heraus, daß diese in diesem Fall auf 50.000 Sowjets getroffen wären. Diese hatte die UdSSR samt taktischer und strategischer Atomwaffen heimlich auf die Insel gebracht. „Den Weg des Sozialismus aufzugeben, wäre Selbstmord“, erklärte damals Fidel Castro. Die „Invasion in der Schweinebucht“ ist auf der Insel auf Plakaten und auf Wandzeitungen allgegenwärtig. Sie rechtfertigt auch das ausgebaute Spitzelsystem und die hohen Ausgaben für die Armee. Deren Militärparade am 16. April dieses Jahres soll die USA noch einmal an die „Kunst des Kampfes auf Kuba“ erinnern.

Foto: Fidel Castro in Playa Giron an der Schweinebucht, April 1961: Exilkubaner waren undiszipliniert, mangelhaft ausgebildet und versorgt

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen