© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/11 22. April 2011

Timo Soini führte am Sonntag die rechtskonservativen „Wahren Finnen“ zum Erfolg
Der Sieger
Michael Paulwitz

Ich verteidige die normalen, finnischen, hart arbeitenden, anständigen Menschen.“ Das ist Timo Soinis Credo, und man nimmt es ihm ab. Der Vorsitzende der „Wahren Finnen“ und wahre Sieger der Parlamentswahl in Finnland vom Sonntag (siehe Bericht Seite 8) ist älter und kantiger als die austauschbaren Jungfunktionäre, die auch im hohen Norden den Politikbetrieb dominieren – und er bringt die Dinge auf den Punkt: „Wo die EU liegt, da liegt das Problem.“

Soini hat dem Zorn der finnischen Steuerzahler über Euro-Rettungspakete und griechisch-portugiesische Kreditbettelei eine Stimme gegeben und damit die etablierten Durchwinker aus ihrem beschaulichen Konsens-Kartell vertrieben. „Es ist empörend, daß wir fremde Schulden bezahlen sollen“ – für Euro-Jasager ist das „Populismus“, für viele Finnen einfach nur Ehrlichkeit.

Soinis Euroskepsis, mit der er in die erste Reihe der Politik aufgerückt ist, verengt sich nicht auf Finanzielles. Seine Karriere hat der 48jährige Politikwissenschaftler und Reserve-Feldwebel aus der westfinnischen Küstenstadt Rauma in der antikommunistischen Agrarpartei begonnen, deren Erbe er mit Gründung der „Wahren Finnen“ 1995 angetreten hat. Sein Mentor, Agrarpartei-Chef Veikko Vennamo, kritisierte die Anlehnung Finnlands an die UdSSR; Timo Soini sieht heute die Souveränität durch den Brüsseler Zentralismus bedroht. Auch deswegen nennt er die EU eine „Sowjetunion für Reiche“ und ist strikt gegen einen Nato-Beitritt seines Heimatlandes.

Schlagartig bekannt wurde Soini, als er 2009 als Stimmenkönig ins Europaparlament einzog. Die Zusammenarbeit mit der „Libertas“-Bewegung des irischen Euro-Rebellen Declan Ganley (JF 24/09) blieb Episode; dafür brachte er von seinen Irland-Reisen die im protestantischen Finnland nicht alltägliche Konversion zum praktizierenden Katholiken mit. Traditionelle und christliche Werte sind neben freiheitlicher Kritik an Euro-Zentralismus und zu hohen Steuern das zweite Fundament seiner Partei; Timo Soini lehnt folglich „Homo-Ehe“ und Abtreibung ab. „Rassismus“ läßt sich dem humorvollen und geschliffenen Rhetoriker nur schwerlich nachsagen, obwohl er für eine restriktive Einwanderungspolitik eintritt, Sozialhilfe und Sonderrechte für Einwanderer und Minderheiten streichen möchte und auch islamkritische Töne anschlägt, was sonst schnell als Ausweis dessen gilt.

Verbissen wirkt der stets joviale und freundliche, auch von seinen Gegnern geschätzte Politiker dabei nie. Seine Volkstümlichkeit ist nicht nur Pose; Soini liebt Fußball, Sauna und sein Sommerhaus und lebt mit Frau, einer Ärztin, und zwei Kindern in einer 90-Quadratmeter-Wohnung in einer Vorstadt von Espoo, wo er auch schon im Stadtrat saß. Wer rätselt, warum es ausgerechnet hierzulande mit einer Partei für die „Wahren Deutschen“ nicht klappen will, muß künftig auch nach Helsinki schauen.

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