© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/11 22. April 2011

Grüße aus Rom
Rettet Cinecittà
Paola Bernardi

Rom prangt noch im Glanze  der 150-Jahr-Feier der nationalen Einheit. Die Straßen der Innenstadt sind mit grün-weiß-roten Trikoloren geschmückt, die Denkmäler restauriert, um die Gäste zu empfangen. In diese festliche Atmosphäre knallen wie Fremdkörper die dramatischen Plakate: „Rettet Cinecittà“ oder: „Verliert Italien seine nationale Kultur?“

Seitdem der künftige Etat für den heiligsten Ort des italienischen Kinos, nämlich Cinecittà, auf siebeneinhalb Millionen Euro heruntergekürzt wurde, reißen die Proteste nicht mehr ab. Seitdem eine drohende Schließung angekündigt wurde, laufen nicht nur die Kino-Freunde Amok.

Während das international bekannte Filmfestival in Venedig Jahr für Jahr auf Starruhm setzt, konnte sich Rom bisher immer bequem zurücklehnen und den kurzlebigen Auftritt am Lido beobachten. Denn Rom besitzt ja seine traditionellen Filmstudios und kann somit nahtlos an seine Filmkunst anknüpfen. Nicht nur, daß die Stadt Rom selber immer wieder Kulisse für dionysische, dralle, deftige und dekadente Filme auch heute noch ist, so wie einst für Regisseure wie Federico Fellini und Pier Paolo Pasolini. Doch ist Rom nicht nur internationaler Statist der Filmwelt, sondern besitzt seine legendäre Filmstadt Cinecittá.

Sie wurde 1937 unter dem filmbegeisterten Mussolini gegründet. Einst auf grünen Wiesen erbaut, ist sie heute immer noch die größte Filmstadt Europas.

Cinecittà ist das auf den ersten Blick eher provinziell wirkende Hollywood vor den Toren Roms. Während in Hollywood selber die Technik und Perfektion triumphiert, zelebriert man hier seinen hauseigenen Kulissenzauber, zwar kunstvoll, doch immer aufdringlich und bunt. Die Falschheit des Glanzes gehört nun einmal zur römischen Filmwelt. Die Vorliebe der Italiener für große Oper und Künstlichkeit manifestiert sich nur zu überdeutlich. Und daß hier immer wieder Leinwand und Pappe bei den Kulissen durchscheinen, gehört zu diesem römischen Hollywood.

Berühmt waren die Ateliers einst für die schnell gedrehten Spaghetti-Western, die Clint Eastwood zu Filmruhm verhalfen. Aber auch große Filmkunst entstand hier: „Fahrradiebe“, „Roma aperta“, „Dolce Vita“ oder „Drei Münzen im Brunnen“. Regisseure wie Roberto Rossellini, Vittorio De Sica und Federico Fellini sorgten für künstlerischen und wirtschaftlichen Boom. Jetzt drohen die Lichter endgültig auszugehen.

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