© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Lockerungsübungen
Überholter Datenschutz
Karl Heinzen

IT-Experten haben herausgefunden, daß iPhones und iPads des Apple-Konzerns die Bewegungsprofile ihrer Nutzer auf den Geräten selbst sowie auf den mit ihnen verbundenen Computern aufzeichnen. Der in Deutschland zuständige Datenschutzbeauftragte, Thomas Kranig, ist „besorgt“ und verlangt eine „Aufklärung der Affäre“. Auch Ilse Aigner, Verbraucherschützerin im Ministerrang, nutzte die Gelegenheit, ihre bereits aus ihren Konflikten mit Facebook und Google bekannten Vorbehalte gegen High-Tech erneut zum Ausdruck zu bringen. Mahnende Worte zu formulieren ist ferner dem „Netzexperten“ der Grünen, Konstantin von Notz, gelungen: Die Praxis von Apple sei „intransparent“, es werde mit dem Vertrauen der Nutzer gespielt und deren Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“ mißachtet.

Skandalös ist jedoch nicht das Vorgehen des Konzerns, sondern die Arroganz, mit der dieses zum Skandal aufgebauscht wird. Es ist an der Zeit, die Maximen unserer „Datenschützer“ auf den Prüfstand zu stellen, bevor diese durch stures Festhalten an überholten Vorstellungen den technischen Fortschritt ernsthaft behindern können.

Unsere Zukunftsfähigkeit gründet sich auf die weitere Etablierung einer vernetzten Informationsgesellschaft. Diese bleibt ein leeres Wort, wenn die Individuen, aus denen sie schließlich besteht, sich weigern, etwas über sich preiszugeben. Datenschutz bringt zudem die zum Greifen nahe Verwirklichung eines jahrhundertealten Menschheitstraums in Gefahr. Stets war in der Vergangenheit den allermeisten Individuen eine gesellschaftliche Teilhabe verwehrt, sie fanden keine Beachtung und gerieten mit ihrem Tod in Vergessenheit. Nun kann jeder alles, was ihn betrifft, allgemein zugänglich aufzeichnen, er überdauert über das Ende seiner biologischen Existenz hinaus. Menschenwürde gibt es daher nur dort, wo dem einzelnen die Hand gereicht wird, aus der Anonymität herauszutreten, sie ist mit Datenschutz unvereinbar.

Wenn Apple einer Kritik zu unterziehen ist, sind es diese Kriterien, die ihr zugrunde zu legen sind, und so betrachtet ist dem Konzern nur vorzuhalten, daß er weit unter seinen technologischen Möglichkeiten bleibt: Das Bewegungsprofil der iPhones und iPads liefert keine exakten Ortsangaben, da die GPS-Empfänger nicht genutzt werden. Hier ist von Apple mehr Verbraucherfreundlichkeit zu verlangen.

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