© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Die Windsor-Lüge
Wilhelm von Battenberg-Sachsen-Coburg und Gotha heiratet Kate Middleton
Christian Vollradt

Die Hochzeit am Königshof in London läßt auch viele Deutsche nicht kalt. Richtig so. Denn der da heiratet, ist streng genommen ja „einer von uns“: Wilhelm von Battenberg-Sachsen-Coburg und Gotha heißt der Bräutigam eigentlich; hätten seine Vorfahren sich nicht, um dem kriegsbedingten antigermanischen Furor auf der Insel im Jahr 1917 Rechnung zu tragen, den Phantasienamen „Windsor“ gegeben, beziehungsweise in „Mountbatten“ anglisiert. Wenn übrigens statt seiner Großmutter – der Königin – sein Großvater (der Prinzgemahl) bei der Wahl des Nachnamens Pate gestanden hätte, müßte der junge Mann von Schleswig-Holstein-Glücksburg-Sonderburg heißen.

Zeit also, mit einigen Unwahrheiten aufzuräumen. Deutschland ist (oder war zumindest) kein Ein-, sondern ein Auswanderungsland, jedenfalls was seine Adligen betraf. Gingen im europäischen Ausland die Fachkräfte (Thronfolger, Ehegatten) aus, machte sich irgendjemand von hier aus auf die Reise, ob nach London, St. Petersburg, Athen oder Den Haag. Fürstentümer gab’s ja genug. Bis heute wirkt sich das aus: Die spanische Königin hat eine Mutter aus Braunschweig, die niederländische einen Vater aus Lippe. Es wäre also durchaus angebracht gewesen, unser Bundespräsident hätte beim Festbankett zu Ehren Königin Beatrix’ seinem Volk endlich auch einmal die „alten Deutschen“ ins Bewußtsein gerufen, wo er doch die neuen stets im Munde führt.

Für britische Republikaner scheint der Migrationshintergrund der insularen „First Family“ durchaus ein Argument für ihre Ablehnung der traditionsreichen Staatsform zu sein. So schrieb einer von ihnen kürzlich in einem Beitrag für die Lokalzeitung seiner deutschen Partnerstadt, für ihn seien die Royals „nur eine hannoveranische Flüchtlingstruppe im Adelskostüm“.

Nun ist England mitnichten Lampedusa und die Welfen waren keine „Boatpeople“: Aber völlig von der Hand zu weisen ist der Einwurf des antiroyalen Briten nicht. Das historische Gedächtnis unserer Vettern von der Insel reicht eben weit zurück, da hilft keine Namensänderung, um die deutschen Wurzeln vergessen zu machen. So kann man – in Anlehnung an eine Aussage des Bundes-innenministers in anderem Zusammenhang – lapidar feststellen: Daß aber die Monarchie zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie  belegen läßt.

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