© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/11 29. April 2011

Hollywoods Herausforderung
Ein Prachtband über die Farbfilme der Ufa
Thorsten Hinz

Die Allgegenwart Hollywoods auf den internationalen Kinoleinwänden erscheint heute selbstverständlich. Zur Glanzzeit der 1917 gegründeten Ufa aber war sie noch keineswegs ausgemacht. Die Ufa traute sich zu, sogar mit Klassikern wie „Vom Winde verweht“ zu konkurrieren. Die Hollywood-Vertreter, die 1944 im neutralen Portugal den „Münchhausen“-Film sahen, verschluckten beim Ritt Hans Albers’ auf der Kanonenkugel vor Staunen ihren Kaugummi. Noch im März 1945 übertraf der Erfolg der „Frau meiner Träume“ mit Marika Rökk dort sämtliche amerikanische Produktionen.

Gefördert wurde der Ehrgeiz der Ufa und ihrer Schauspieler von Propagandaminister Goebbels: Das war ihr Segen und Fluch zugleich. Einerseits besaßen sie dadurch die volle Unterstützung des Staates, andererseits gingen sie einen Pakt mit dem Teufel ein, der den Ruf der Filme bis heute kontaminiert.

Der aktuelle Ufa-Prachtband stellt in Aufsätzen und einer opulenten Bildauswahl die 13 Farbfilme vor, die zwischen 1941 und 1944 im Agfacolor-Verfahren produziert wurden. Der Text hält sich von Konzessionen an den Zeitgeist weitgehend frei und würdigt eine große technische und künstlerische Leistung. In prächtigen Bildern und Farben schwelgend, stellt das Buch postume Gerechtigkeit für die Ufa und ihre Künstler her, deren Unglück es war, daß ihre Glanzzeit ausgerechnet in die Zeit des Dritten Reiches fiel.

Das Filmarchiv wurde als Kriegsbeute 1945 nach Moskau gebracht. Die Ufa-Filme, insbesondere die Melodramen, hatten eine eigene, von der NS-Ideologie wie von der Hollywood-Glätte unbeeindruckte Bildsprache entwickelt. Die norddeutsche Landschaft, die heute nur noch die platte Kulisse für schlichte Arztserien liefert, wird in Veit Harlans „Immensee“-Verfilmung zur Seelenlandschaft, die mit der inneren Verfassung der Protagonisten korrespondiert. Es ist bemerkenswert, daß diese Bilder, die Weltfrömmigkeit und Innerlichkeit atmen, auch im Ausland verstanden wurden. Mit der Zerschlagung der Ufa beseitigten die Alliierten einen gefährlichen Konkurrenten und schufen zugleich die Voraussetzung für Hollywoods Bild- und Traummonopol.

Friedemann Beyer, Gert Koshofer, Michael Krüger: Ufa in Farbe. Technik, Politik und Starkult zwischen 1936 und 1945. Collection Rolf Heyne, München 2011, gebunden, 288 Seiten, Abbildungen, 58 Euro

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