© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

Gleichstellungsbeauftragte
Das Imperium schlägt zurück
Birgit Kelle

So haben sich die Vertreter des Gender Mainstreaming das nicht vorgestellt mit der Gleichstellungspolitik. Zwar hat man – zumindest auf dem Papier – die Tausenden von Frauenbeauftragten im Land offiziell zu Gleichstellungsbeauftragten umbenannt, doch offenbar hatte niemand damit gerechnet, daß mal tatsächlich jemand damit Ernst macht.

Genau das ist nun im beschaulichen Goslar passiert, und der Aufschrei ist entsprechend groß. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Monika Ebeling, hat es gewagt, in ihrer Arbeit auch die Belange von Männern zu berücksichtigen. Welch  ein Skandal! Dafür muß sie natürlich abgestraft werden. Und so hat die Fraktion der Linkspartei im Stadtrat beantragt, die Dame ihres Amtes zu entheben.

Der Schuß könnte mächtig nach hinten losgehen. Wenn endlich öffentlich darüber diskutiert wird, was Aufgabenstellung einer Person sein soll, die von uns allen bezahlt wird, sich für beide Geschlechter einsetzen soll, dies aber de facto nicht darf. Gender Mainstreaming soll laut Amsterdamer Vertrag „die unterschiedlichen Lebensbedingungen von Frauen und Männern und die Auswirkungen auf beide Geschlechter berücksichtigen“, so ja auch die offizielle Strategie des Bundesfamilienministeriums.

Papier ist aber, wie man weiß, geduldig, und wo Gleichstellung draufsteht, ist in der Regel nach wie vor „Frau“ drin. Gleichstellungsbeauftragte in Deutschland haben nur ein Problem: keine genaue Aufgabenstellung. Budgets sind hingegen reichlich vorhanden, Personal auch, schließlich geht es um die „Heilige Kuh“ der Frauenbenachteiligung, die Frage ist nur: Was tun sie eigentlich?

Und was sollen sie tun? Die Antwort ist nicht einfach, weil nicht gesetzlich festgeschrieben und auch noch variabel je nach Bundesland oder gar Landkreis. Es könnte sich etwas Historisches anbahnen im kleinen Goslar, ohne daß die Agitatoren vor Ort dies jemals so geplant haben, wenn durch diesen Streit endlich die Notwendigkeit erkannt wird, die Arbeit dieser öffentlichen Angestellten genauso einer Zielsetzung, einer Überprüfbarkeit und Offenlegungspflicht zu unterwerfen, wie die Arbeit aller anderen öffentlichen Stellen. Leicht amüsiert lehne ich mich zurück: Das Imperium schlägt zurück.

 

Birgit Kelle ist Journalistin, Mutter, Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus und Mitglied der New Women for Europe

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