© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

Lebend sind sie mehr wert als tot
Jenseits der Flossensuppe: Was ein Wissenschaftler über die Verwertbarkeit von Haien herausgefunden hat
Richard Stoltz

Nur ein toter Terrorist ist ein guter Terrorist“, lautet eine allgemein akzeptierte Devise, kapitalistisch formuliert: Nur ein toter Terrorist bringt was ein, politischen Ruhm, hohe Medienauflagen, gute Geschäfte insgesamt. Bei den Haien, seit Urzeiten Symbol für grausamste Terrorattacken im Meer, ist das anders. In Australien ist jedenfalls ein Streit darüber ausgebrochen, was sich besser verwerten läßt, ein toter Hai oder ein lebender.

Für die Fischer früherer Zeiten stellte sich die Frage nicht. Sie jagten die Haie wegen der Haifischflossensuppe, nur die Flossen brachten Gewinn, also schnitt man den gefangenen Haien die Flossen ab und warf den Torso zurück ins Meer. Heute versteht man, auch den Resthai gewinnbringend zu verkaufen, und deshalb fangen und töten die Fischer Haie, allen Einsprüchen von Naturschützern zum Trotz.

Aber jetzt hat Professor Mark Meekan vom Meereswissenschaftlichen Institut Melbourne die Sache anhand der Verhältnisse im kleinen pazifischen Inselstaat Palau genau durchgerechnet. Sämtliche dortigen Fischer, so Meekan, erlösen mit dem Verkauf von Haifischfleisch jährlich bestenfalls 150.000 Dollar. Ein einziger lebendiger Hai im Zoo von Palau lockt dagegen so viele Besucher an, daß pro Jahr mindestens 180.000 Dollar zusätzlich hereinkommen. Auf die gesamte Lebenszeit des Hais umgerechnet, ergibt das einen Reingewinn von etwa zwei Millionen Dollar.

Vielleicht sollte man daraus Lehren ziehen für die Verwertung von Terroristen überhaupt. Ein lebendiger Terrorist im Zoo brächte auf jeden Fall mehr ein als ein toter in Pakistan.

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