© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

CD: Metal
Altbier und Diesel
Jörg Fischer

Seit 1993 das Biersteuergesetz geändert wurde, dürfen in Deutschland auch sogenannte Biermischgetränke in Flaschen verkauft werden. Anhängern des Reinheitsgebots sind „Alsterwasser“ oder „Diesel“ ein Graus – doch für die deutschen Brauereien ist das bunte „Frauenbier“ ein willkommener Ersatz, um den merklich gefallenen Umsatz bei Pils, Kölsch oder Altbier auszugleichen.

Ähnlich agieren auch die Plattenfirmen, die unter dem erfolgreichen Markenzeichen „Metal“ immer neue Angebote machen. Manche Kreationen munden auch Traditionsbewußten, anderes bleibt eine Modewelle, die wieder verebbt. Fragwürdigen US-Erfindungen wie Grunge und dem mit Hip Hop verunreinigten Nu Metal war kein langes Leben beschieden, dem Metalcore wird es wohl ähnlich ergehen.

Einer der Urväter dieser Spielart, die ursprünglich 1982 gegründete New Yorker Hardcore-Formation Agnostic Front, ist seit Beginn der Metalcore-Welle bei der schwäbischen Firma Nuclear Blast unter Vertrag. Doch auch die neueste Platte von Großmaul Roger Miret (abseits der Bühne inzwischen Familienvater und Motorradschlosser) und seinen vier Mitstreitern dürfte Metallern eher auf die Nerven gehen. Death Metal hingegen ist seit bald einem Vierteljahrhundert eine gängige Metal-Spielart. Speziell in seiner melodischen Variante spricht er längst breite Hörerschichten an.

Wen der dort oft begrenzte Stimmumfang stört, der sollte ein Ohr bei Scar Symmetry riskieren. Seit 2008 arbeitet das schwedische Sextett mit zwei Sängern. Lars Palmqvist übernimmt den melodischen Gesang, Roberth Karlsson die raue Stimme. Das ist auch die Stärke des neuen Scar Symmetry-Albums „The Unseen Empire“ (Nuclear Blast). Ohne den abwechslungsreichen Gesang wären die neun Kompositionen der beiden Gitarristen Jonas Kjellgren und Per Nilsson nur halb soviel wert.

Noch etwas ruhiger lassen es die Finnen Before The Dawn auf ihrer CD „Deathstar Rising“ (Nuclear Blast) angehen. Das Quartett wartet ebenfalls mit zwei Stimmen auf: Bassist Lars Eikind ist für den eingängigen Klargesang zuständig, Before The Dawn-Kopf Tuomas Saukkonen für den eher düsteren Hauptgesang. Neben „Deathstar“ und „Remembrance“ ist das an HIM erinnernde  „Judgement“ erwähnenswert – es dürfte speziell Frauenherzen entzücken.

Zünftiger geht der Norweger Harald Nævdal auf seinem ersten Solo-Album „March of the Norse“ (Nuclear Blast) zu Werke, das unter seinem Künstlernamen Demonaz erscheint. Passend zur Heimat bietet der frühere Immortal-Gitarrist reinen Viking Metal – Titel wie „A Son of the Sword“, „Ode to Battle“ oder „Legends of Fire and Ice“ verraten die Marschrichtung. Das britische Quartett Sylosis läßt sich hingegen nur schwer einordnen. Auf ihrem Zweitwerk „Edge of the Earth“ (Nuclear Blast) bieten sie einen Stilmix aus Death und Trash Metal, der hörenswerter ist, als etwa das neue Album von Flotsam And Jetsam, „The Cold“ (Nuclear Blast). Von dem sticht lediglich die Halbballade „Better off Dead“ heraus. Dabei hat das Quintett aus Arizona mit „Doomsday for the Deceiver“ und „No Place for Disgrace“ zwei Klassikeralben zu verantworten – doch das ist bald 25 Jahre her.

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