© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

Blick in die Medien
Gender-Quatsch erreicht das Internet
Ronald Gläser

Medienforscher posaunen: Das Internet gehört nicht mehr den Männern! 2011 haben die Frauen aufgeholt. Mit rund siebzig Prozent sind jetzt genauso viele Frauen wie Männer online. Der Branchenverband Bitkom hat herausgefunden: Frauen nutzen das Internet überwiegend zum „Shopping“; in den Online-Boutiquen kaufen sie am häufigsten Kleider.

Die sozialen Netzwerke des Web 2.0 sind ebenfalls zu über achtzig Prozent weiblich besetzt. Die „Community“ ersetzt Hausflur und Kaffeeklatsch. Wen wundert’s da noch, daß die Untersucher bemerken, daß Mädchen zu zehn Prozent häufiger ein Handy besitzen als gleichaltrige Jungs? Schon schräg: Behauptet man(n), daß Mädchen Quasselstrippen seien, gilt das als unkorrektes Klischee. Drückt sich dies im Besitz von modernen Mobiltelefonen aus, wird daraus „Medienkompetenz“.

Richtig glücklich sind die „Experten“ dennoch nicht: Obwohl viele Mädels gerne in die „Irgendwas-mit-Medien“-Branche wollen, machen sie um die technischen Hochschulen einen großen Bogen. Im Fach Informatik ist nicht mal ein Fünftel aller Studenten weiblich, in der Elektrotechnik nur ein Zehntel. Insgesamt sind von den rund fünfzigtausend Azubis in der IT-Branche nur magere neun Prozent Frauen. Bitkom weiß natürlich, warum sich die Mädels eher fürs Shoppen als für Schraubenzieher interessieren: „Deutschland sieht auf ein verlorenes Jahrzehnt in Sachen Frauenförderung zurück.“ Ach ja.

Das Computermagazin Netzwelt hat die These gewagt, wie Computer aussähen, wenn sie von Frauen entwickelt würden. Fazit: „Wenn Frauen das Sagen gehabt hätten, wären E-Mail und soziale Netzwerke von Anfang an die wichtigsten Trends gewesen. Bei E-Mail-Software wäre die Option ‘Antwort an alle’ standardmäßig eingestellt.“ Videokonferenzen wären längst Standard – schon seit Jahren. Und fingernagelfreundliche Tastaturen!

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen