© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

Ein Nachfahre Burkes: George Kennans konservative Außenpolitik
Gegen moralisierende Überfrachtung
(wm)

Als es zu spät war, begann US-Präsident Truman es zu bedauern: die Besetzung Schlesiens durch Polen („ein glatter Gewaltakt“), den von angelsächsischer Nachgiebigkeit angeheizten Expansionismus Stalins, die Etablierung von „Polizeistaaten“ hinterm „Eisernen Vorhang“. Immerhin führte diese späte Reue 1946 zum radikalen Kurswechsel der US-Außenpolitik gegenüber der Sowjetunion – zur Politik der „Eindämmung“. Ihr Architekt war der Leiter des Planungsstabs im State Depart¿ment, George F. Kennan (1904–2005). Ihn stellt der Historiker Klaus Hornung in den Mittelpunkt eines „Beitrags zur internationalen Zeitgeschichte“ (Zeitschrift für Politik, 1/2011). Er porträtiert Kennan, der sich am Berliner Seminar des Deutschnationalen Otto Hoetzsch in die „Rußlandkunde“ einführen ließ und der von 1933 bis 1937 sowie von 1944 bis 1946  an der US-Botschaft in Moskau tätig war, als Nachfahren John Adams’ und Edmund Burkes. Ein Konservativer, der Außenpolitik nicht den Emotionen „öffentlicher Meinung“ unterwerfen wollte. Und ein realistischer Analytiker, dem die moralisierende Überfrachtung nationaler Interessenpolitik zuwider war. Der historisch gebildete konservative Realist hielt auf Distanz zu den Extremen, zum „leichtsinnigen Fortschrittsoptimismus“ der Linie Wilson-Roosevelt wie zur „vernunftlosen Machtpolitik pseudokonservativer Eliten“.

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