© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/11 06. Mai 2011

Ohne klare Prämissen kann kein Dialog entstehen
In prägnanter Form präsentiert Ingo Resch seine Analyse über das Christentum, den Islam und ihre Unvereinbarkeiten
Harald Seubert

Mit den Toleranzedikten einer allgemeinen Religion der Vernunft hat sich seit dem Aufklärungszeitalter die Tendenz herauskristallisiert, Religionen auf ein gemeinsames Telos zu reduzieren und ihre realen Unterschiede zu ignorieren. Dieser Gestus kann die heutige Reallage nicht erfassen. Um so mehr ist dem profilierten christlichen Verleger Ingo Resch zu danken, daß er frei von aller Polemik, kenntnisreich, auf knappstem Raum Grundlinien einer Unterscheidung zwischen Christentum und Islam skizziert hat. Leitlinie ist dabei Reschs berechtigte Überzeugung, daß Gottesbild und Menschenbild in engem Zusammenhang zueinander stehen.

Resch akzentuiert als wesentlichen Sinn der christlichen Botschaft die Interpersonalität, das Verhältnis von Ich und Du, auch in der Gottesbeziehung und eine unbedingte Liebe Gottes, der nach biblischem Zeugnis in Christus Mensch wird. All dies hat im Islam keine Entsprechung. Für den Islam ist die unterschiedliche Wertung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen unhintergehbar. So wie Allah ihn gewollt hat, ist der Mensch Moslem. Dominierend ist, wie Resch behutsam herausarbeitet, das Verhältnis zwischen dem Befehl Allahs und dem Gehorsam des Menschen. Christlicher Glaube trägt die Abstinenz von aller Gewalt in sich. Es ginge deshalb auch an der Sache vorbei, den Islam um seine Mobilisierungskraft als „heiße Religion“ zu beneiden oder als Verbündeten im Kampf gegen westliche Dekadenz anzuwerben.

Unüberbrückbare               Gegensätze der Religionen

Auch Glaubensgewißheit kann der Christ diesseits aller Werke und Gebote im Vertrauen auf Gottes Liebe und den Tod überwindende Macht gewinnen. Der gläubige Muslim hat sie letztlich nur, wenn er als Märtyrer stirbt. Dies gibt christlich die Möglichkeit, in Freiheit zu handeln, in der Weltgeschichte, in die die Heilsgeschichte verwoben ist – und mit der Perspektive auf die künftige Verheißung. Dem gläubigen Muslim ist hingegen die Geschichte als Notwendigkeit diktiert.

Resch weist weiter auf die grundlegende Differenz hin, daß der Islam Gesetzesreligion ist, das Christentum aber keinesfalls. Auch der Glaube an den dreieinigen Gott, die Begründung der Gemeinde in der Freiheit des Geistes wäre in der Linie der Argumentation von Ingo Resch anzuführen.

Zur christlichen Botschaft gehört zentral das Wissen, daß der Mensch sich in der Sünde von Gott getrennt hat. In der Menschwerdung in Christus kann diese Trennung überwunden werden: der christliche Sieg der Liebe über das Gesetz hat mithin die Einsicht in die Mangelhaftigkeit des Menschen zur Folge, die in zivilreligiösen Verflachungen freilich kaum mehr angemessen gelehrt wird. Der gläubige Muslim sucht demgegenüber nach Selbstvervollkommnung. Resch weist auch zutreffend darauf hin, daß die – selektive – Erwähnung von Jesus im Koran diese Grundverhältnisse keinesfalls verändert. Der Tod Jesu wird dort nämlich geleugnet. Wesentlich ist, daß im christlichen Glauben die Person Jesu Christi Grund der Hoffnung ist, im Islam hingegen der Koran als Heiliges Buch und Dictamen Allahs die Religion begründet.

Mit klarer Urteilskraft zeigt Resch, daß implizite Analogien zwischen Christentum und Koran in die Irre führen: Stellenvergleiche allein reichen nicht aus, wenn gleiche Worte mit unterschiedlichem Inhalt versehen sind. Ein Dialog kann aber gar nicht entstehen, wo nicht einmal die Prämissen klar sind.

Immer wieder zieht Resch Folgerungen für die heutige Problematik: Er bestreitet begründet die Vereinbarkeit des freiheitlichen Verfassungsstaates mit dem Islam. „Islam und Christentum verkörpern unüberbrückbare Gegensätze“, so sein Fazit. Mit der von Patrick Bahners gegeißelten „Panikmacherei“ der Islamkritiker kommt man diesem sachlichen Buch nicht bei. Es plädiert ausdrücklich für die religionsübergreifende Geschwisterlichkeit zwischen Menschen. „Wir sollten keinen Menschen verachten oder geringschätzen, auch wenn er einem Weltbild anhängt, das uns als nicht tragfähig erscheint.“ Doch nur wo man versucht, wieder zur Klarheit zu kommen, wird man zu einem schiedlichen Zusammenleben kommen können. Man muß dem christlichen Zeugnis nicht glauben. Man muß aber wissen, was diese das Abendland prägende Heilsreligion – im Unterschied zum Islam – sagt.

Man liest dieses Buch in einer guten konzentrierten Stunde. Die sollte man sich unbedingt nehmen. Auch jene sollten es tun, die in vorauseilender Political Correctness eine Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland dekretieren. Es ist von einer Klarheit und Urteilsfähigkeit, die im heutigen Tagesdiskurs weitgehend fehlt, die aber unerläßlich ist.

Ingo Resch: Islam und Christentum. Ein Vergleich. Resch Verlag, Gräfelfing 2011, broschiert, 66 Seiten, 8,90 Euro

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