© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/11 20. Mai 2011

Grüße aus Bern
Rüebli statt Karotte
Frank Liebermann

Dialekt sprechende Menschen haben es nicht immer einfach. Geht das in der Jugend und in der Schule noch recht gut, ändert sich dies meistens mit dem Eintritt ins Berufsleben oder mit dem Wegzug aus der Heimat.

Wie gut haben es da die Schweizer. Hier sprechen die Menschen selbstbewußt ihren Dialekt und begreifen dies auch als Element ihrer eigenen zu erhaltenden Kultur. Zwar glauben die verschiedenen Volksstämme der Eidgenossen, ihr jeweiliger Dialekt sei der schönste, allerdings gibt es eine hohe Akzeptanz gegenüber anderen Dialekten. Hochdeutsch wird in der Regel nur mit Angehörigen der französisch- und italienischsprachigen Landesteile oder mit Ausländern gesprochen.

Hochdeutsch ist in der Schweiz die Schriftsprache, die der Zeitungen, offiziellen Verlautbarungen und des Fernsehens. Da sich die Berichterstattung ähnlich wie in Deutschland in den Schweizer Medien mit Kriegen, Finanzkrisen, Naturkatastrophen und anderen unangenehmen Dingen befaßt, hat Hochdeutsch oft eine negative Konnotation.

Verschiedene Pädagogen setzen sich seit geraumer Zeit für mehr Hochdeutsch im Kindergarten ein. Zwar wird jetzt schon in Schulen hochdeutsch gesprochen und in einigen wenigen Kindergärten ist die Mundart verboten, aber für die Kleinen ist Hochdeutsch noch immer die Ausnahme. Das möchten einige Politiker auch so beibehalten, fürchten sie doch den Verfall der Schweizer Kultur. Daher möchte die Sektion Bern der Schweizerischen Volkspartei (SVP) die Mundart gesetzlich verankern lassen. Großrat Erich Hess dazu in der Berner Zeitung: „Mit der Einführung von Mundart im Kindergarten können wir dazu beitragen, ein Stück Schweizer Kultur zu fördern“, meint er und fordert einen neuen Artikel im Kindergartengesetz des Kantons Bern. „Unterrichtssprache auf Stufe Kindergarten ist grundsätzlich Schweizerdeutsch.“

Parallel dazu warb die überparteiliche Initiative „JA zur Mundart im Kindergarten“ seit Monaten für ihre Anliegen und erklärt: „‘Rüebli’ darf kein Fremdwort werden!“ Am Sonntag wurde nun bereits in den Kantonen Zürich und Basel über die Volksinitiative abgestimmt. Während sie in Zürich mit 53,9 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde, unterlag sie in Basel in der Stichfrage gegenüber dem Gegenvorschlag nur knapp. Hier werden für Baseldytsch und Hochdeutsch nun „gleichwertige Lernziele“ im Schulgesetz festgeschrieben.

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