© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Kolumne
Welcher Gott?
Wolfgang Ockenfels

Nichts gegen treuherzige Gottesbekenntnisse. Sie lassen sich in unserer heidnischen Öffentlichkeit selten vernehmen und gehören zu den wenigen Tabus, die von den liberalen Medien auf keinen Fall gebrochen werden dürfen. Es sei denn, wenn man die skandalträchtige Neuigkeit vermelden kann, daß Islam und Christentum doch irgendwie auf dasselbe hinauslaufen. Denn Gott ist schließlich „der Gott und Vater aller Menschen“.

Dieses Zitat krönte jüngst die Rede, die bei dem freudigen Anlaß und ökumenischen Ereignis der Grundsteinlegung einer neuen Moschee in der alten Kaiserstadt Aachen gehalten wurde. Die Feiertagsfreude muß in der verkümmernden katholischen Welt von Aachen so überschäumend gewesen sein, daß sich sogar der zuständige Regionaldekan eifrig an der Gründung der neuen Moschee beteiligte, indem er den bei diesem Anlaß erforderlichen Satz vom Stapel ließ.

Aber was kann die Logik dazu sagen, wenn aus dem Satz, daß Gott der Vater aller Menschen sei, abgeleitet oder insinuiert wird, daß alle Menschen denselben Gott anerkennen? Die Theologie jedenfalls sagt: quod non, das geht nicht. Denn es gibt sehr unterschiedliche Gottesbilder in unserer polytheistischen Welt, sogar bei denen, die sich kein Bild von Gott machen sollten.

Ihr Gott oder ihre Götter sind, je nach Bedürfnis oder Projektion: sie selber, ihr Bauch, ihre Gesundheit („Gesundheit ist das höchste Gut“), Sex und Mammon und Macht, der ominöse und omnipotente Zeitgeist, das jeweilige Idol et cetera. Hier ist die Gesellschaft inzwischen sehr religionsproduktiv geworden. Und mit dem wuchernden Angebot von Ersatzgöttern schnell bei der Hand.

Einspruch, Euer Ehren. Christen können ihren von Christus geoffenbarten Gott der Liebe nicht mit einem verwechseln, den Mohammed streng machtbewußt-monotheistisch konstruiert hat. Dagegen steht das Dogma der Trinität. Es bezeichnet das Prinzip der Einheit in der Vielfalt, in dem sich Menschen als Ebenbilder eines Gottes wiedererkennen können, der auch die gesellschaftliche Vielfalt in der Einheit repräsentiert. Für Christen und Muslime gibt es nicht denselben Gott. Christentum und Islam sind unvereinbar. Das erkennen wenigstens noch die aufrichtigen Muslime an, denen der trinitarische Gott wie auch die plurale Gesellschaft ein Greuel ist.

 

Prof. Dr. Wolfgang Ockenfels ist Publizist und lehrt christliche Sozialethik an der Theologischen Fakultät in Trier.

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