© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Generalstabsmäßig geplant
Bundeswehrreform: Die Pläne von Verteidigungsminister Thomas de Maizière zur Neuausrichtung der Armee stoßen noch auf wenig Widerstand
Marcus Schmidt

Spätestens Anfang dieser Woche konnte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) die Vorstellung seiner Pläne zur Bundeswehrreform, die er lieber Neuausrichtung nennt, als Erfolg verbuchen. Im ARD-Deutschlandtrend landete er mit 59 Prozent Zustimmung an der Spitze der Beliebtheitsskala – dort, wo noch vor wenigen Wochen scheinbar unumstößlich sein Amtsvorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stand.

Diese Bewertung deckt sich mit den Reaktionen auf die Pläne zur Reform der Bundeswehr, die der Verteidigungsminister in der vergangenen Woche nacheinander dem Bundeskabinett, der militärischen Führung und der Bundespressekonferenz vorstellte. Das Echo war weitgehend positiv, selbst bei der Opposition, die de Maizière aus gutem Grund ebenfalls konsultiert hatte. Denn die Umsetzung der Reform, die eine Verkleinerung der Bundeswehr von derzeit 221.000 auf rund 175.000 Soldaten vorsieht (siehe auch Seite 7), veranschlagt er auf „sieben bis acht Jahre“. Sie wird sich damit mindestens auf zwei Legislaturperioden erstrecken. Auch bei den zivilen Beschäftigten der Bundeswehr sind Einschnitte geplant. Ihre Zahl soll von 76.000 auf 55.000 verringert werden.

Bei aller Zustimmung sorgte die Ankündigung, die Bundeswehr werde künftig 10.000 statt wie bisher 7.000 Soldaten für Einsätze außerhalb Deutschlands zur Verfügung stellen, nicht nur bei der Linkspartei für einiges Unbehagen. Doch de Maizière weiß selbst am besten, daß die Debatte um die Reform noch längst nicht ausgestanden ist, sondern erst am Anfang steht. Nach der Klärung der Finanzierung, die im Sommer erfolgen soll, steht im Herbst die Entscheidung über die künftigen Standorte an. Das bedeutet unweigerlich die Schließung von Kasernen. Bei der Vorstellung seines Konzeptes kündigte der Verteidigungsminister deshalb bereits vorsichtshalber an, daß er eine Präsens in der Fläche für wichtiger halte als eine Konzentration auf wenige große Standorte. Eine Ankündigung die viele Bürgermeister und Landräte zunächst etwas beruhigt haben dürfte.

Bei den nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen und bei der Bonner Stadtführung schrillten dagegen alle Alarmglocken. Denn auch das Verteidigungsministerium soll nach den Plänen des CDU-Politikers nicht ungeschoren davonkommen. Von den derzeit 3.500 Stellen in Bonn und Berlin sollen 2.000 übrigbleiben. Wenn es nach dem Minister geht so ließ sich heraushören könnten diese im Berliner Bendlerblock konzentriert werden – das würde das Ende für die Bonner Hardthöhe bedeuten und eine Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes erfordern, das die Aufteilung der Ministerien auf die beiden Städte regelt. Es sei „nicht ganz unwahrscheinlich“, daß es hier Handlungsbedarf geben könnte, ließ der aus Bonn stammende Minister seine Präferenz erkenne. „Ich bin zwar in Bonn geboren, aber meine Heimatstadt ist Dresden“, fügte er hinzu.

Das Echo ließ nicht lange auf sich warten. Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Hintze, erteilte einem möglichen Bonn-Berlin-Umzug umgehend eine Absage. „Die Landesgruppe setzt sich dafür ein, daß Geist und Buchstabe der Bonn-Berlin-Vereinbarung eingehalten werden. Ich bin sicher, daß der Verteidigungsminister diese Überzeugung teilt“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Ähnlich äußerte sich der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold: „Es ist überhaupt nicht hilfreich, diese Debatte anzustoßen.“

Entscheidender dafür, daß die Reform gelingt, ist allerdings die Nachwuchsgewinnung nach dem Auslaufen der Wehrpflicht. De Maizière hat ganz bewußt die von seinem Vorgänger genannte Zahl von 15.000 Freiwilligen auf „5.000 plus X“ geändert. Zu unsicher ist es, ob es der Armee gelingt, ausreichend viele Freiwillige zu rekrutieren. Zwar verwies der Minister darauf, daß bisher bei den Zeit- und Berufssoldaten auf eine Stelle drei Bewerber kämen. Er sagte aber auch: „Von diesen waren 40 Prozent Wehrpflichtige.“

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