© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Grüße aus Budapest
Falsche Bilder
Jan Mainka

Im Frühling kommen vermehrt ausländische Touristen nach Budapest. Während im altehrwürdigen Café Gerbeaud am zentralen Vörösmarty Platz noch vor wenigen Wochen ungarische Laute den Ton angaben, ist die Landessprache hier inzwischen in der Minderheit. Der Bedienung merkt man den Wandel nicht an, es wird genauso freundlich bedient wie zuvor. Mit Blick auf die Touristen hat sich nichts verändert. Doch seit knapp einem Jahr hat Ungarn eine konservative Regierung. Dies stößt – Grenzöffnung 1989 hin oder her – bei manchen Bildungsbürgern und bei Linken auf keine Sympathie. Die meisten Medien lassen seit dem Amtsantritt von Viktor Orbán nichts unversucht, um an Ungarns Image zu kratzen. Munter wird nun ein Ungarnbild kreiert, das mit der Realität nicht mehr viel zu tun: Da marschieren Paramilitärs, werden Minderheiten verfolgt, die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, es herrscht eine Atmosphäre der Angst.

So verwundert es nicht, daß insbesondere Gäste aus dem deutschsprachigen Ausland (dessen Presse besonders bösartig gegen Ungarn agitiert) inzwischen nicht einfach nur nach Ungarn fahren, so wie man Kroatien oder Slowenien einen Besuch abstattet, sondern dies Fragen aufwirft: Wirklich in dieses Schmuddel-Land der EU? In eine Quasi-Diktatur? Man wird ja wohl noch den Urteilen der Qualitätspresse trauen dürfen. Viele Ungarntouristen kommen daher mit einem ähnlichen Gefühl hierher, mit denen einst Westdeutsche in der DDR vorbeischauten. Doch wer mit solchen Erwartungen kommt, wird von der ungarischen Realität bitter enttäuscht. Diese Gäste werden kaum von einem anderen Ungarn berichten können als jenem, das ihre Landsleute bereits 2008 oder 2009 vor den Kameralinsen hatten. Weder gehören Paramilitärs zum Straßenbild, noch sind die Ungarn innerhalb eines Jahres zu Ausländerfeinden mutiert. Da mögen sich manche Stimmungsmacher noch so sehr bemühen, ein gegenteiliges Bild zu vermitteln und den Ungarn damit in der Tat wirkliche Gründe für Ressentiments gegenüber dem westlichen Ausland zu liefern. Aber nichts dergleichen passiert! Was kümmert es die ungarische Gastfreundschaft, wenn sich Scharen von voreingenommenen westlichen Journalisten an ihr zu schaffen machen! Überzeugen Sie sich selbst, besuchen Sie Ungarn!

 

Jan Mainka ist Gründer und Herausgeber der „Budapester Zeitung“.  www.budapester.hu

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