© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

Euroland bricht auseinander
Euro-Krise: Die „JUNGE FREIHEIT“ wies rechtzeitig auf die Gefahren der Währungsunion hin / Auch US-Nobelpreisträger warnten
Bernd-Thomas Ramb

Seit einigen Wochen bekommen selbst die regierungsnahen Fernsehanstalten ARD und ZDF beim Thema Euro kalte Füße. Altbekannte Euro-Skeptiker wie die ehemaligen Kläger gegen die Euro-Einführung bekommen mittlerweile fast regelmäßig Einladungen zu den bekannten Talkshows. Immerhin waren der Tübinger Wirtschaftsprofessor Joachim Starbatty und der Verfassungsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider als Mitgründer der Anti-Euro-Partei Bund Freier Bürger (BFB) noch Jahre nach ihrem Austritt als unerwünschte Personen aus dem politischen Medienleben verbannt. Auch ihre Mitstreiter bei der Klage gegen die Euro-Einführung und seine spätere „Rettung“, die Ökonomen Wilhelm Hankel und Wilhelm Nölling, dürfen inzwischen wieder im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Wort kommen.

Euro-Gegner können derzeit nicht mehr von den auf politische Korrektheit bedachten Medien ignoriert werden. Zu groß ist die Verunsicherung der Öffentlichkeit angesichts der horrenden Milliardenbeträge, die „alternativlos“ (zur Rettung der politischen Währung) aufgebracht werden müssen, um die Zahlungsunfähigkeit überschuldeter Euro-Staaten abzuwenden. Dabei sind die jetzt vorgetragenen Argumente reine Wiederholungen der Einwände, die bereits vor mehr als zwanzig Jahren geäußert wurden.

Angefangen hat es mit der Beschwichtigungspolitik des damaligen Kanzlers Helmut Kohl, der die Zustimmung Frankreichs zur Eingliederung der zusammengebrochenen DDR in die Bundesrepublik Deutschland mit dem Versprechen erkaufte, dafür die D-Mark zu opfern und die geldpolitische Macht der Bundesbank durch eine Europäischen Zentralbank (EZB) zu zerbrechen. Die meisten Deutschen interessierten solche Themen im Rausch der Einheit nur begrenzt. So erntete beispielsweise der Autor, der unmittelbar nach der Grenzöffnung in mehrfachen Intensivkursen an zahlreichen DDR-Universitäten westliche Ökonomie unterrichtete, nur ungläubiges Staunen, wenn er auf die nur kurzweilige Freude über den Austausch der DDR-Mark in die heißbegehrte D-Mark hinwies.

Als es ernster mit der Gründung der EWU wurde und die Ablösung der D-Mark durch den (damals noch so bezeichneten) „Ecu“ anstand, fiel jegliche Kritik daran unter das politische Verdikt: Entweder totschweigen oder als rechtsextremistisch verunglimpfen. Mit dieser Strategie, der sich die Massenmedien nahezu ausnahmslos unterwarfen, wurde nicht nur dem BFB der Garaus gemacht. Selbst rein wissenschaftlich begründete Opposition, wie das 1998 veröffentlichte Manifest von 155 Volkswirtschaftsprofessoren, die zumindest eine Verschiebung der Währungsunion forderten, wurde als schädlich für die Wirtschaft zurückgewiesen und von Blättern wie der Wochenzeitung Die Zeit genüßlich ins Lächerliche gezogen.

Ein erstes Manifest („Die EG-Währungsunion führt zur Zerreißprobe“) gegen den Maastricht-Vertrag, das unter anderem vom früheren SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller unterzeichnet wurde, sah sich ebenfalls mit dem Vorwurf Schwarzmalerei (es warnte unter anderem vor „hohen Transferzahlungen im Sinne eines Finanzausgleichs“) und Europafeindlichkeit konfrontiert. Dabei hatten die Euro-Gegner schon damals die renommierte internationale Fachwelt auf ihrer Seite. Für den späteren Nobelpreisträger Paul Krugman war die EWU bereits 1997 ein „erstaunlich verrückter Prozeß, den man nur politisch, aber nicht ökonomisch verstehen kann“. Dessen ideologischer Gegenspieler, der Chicagoer Nobelpreisträger Milton Friedman, prognostizierte 2002 unverblümt: „Euroland bricht in fünf bis fünfzehn Jahren auseinander.“

Nur wenige Zeitungen erwähnten die vom BFB 1995 organisierte Initiative „Rettet die D-Mark“, mit der ein Volksbegehren erzwungen werden sollte, nachdem den Deutschen die Abstimmung über die Euro-Währung verweigert worden war. Die JUNGE FREIHEIT gehörte dazu. Schon damals wurden von ihr die Bedenken der Euro-Gegner publiziert: Die Währungsunion fördere „nicht das weitere wirtschaftliche Zusammenwachsen, sondern verhindert es – mehr noch, sie bewirkt einen Rückschritt in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der europäischen Staaten“. Der kleine Sparer werde letztlich der Verlierer sein, hieß es in einem JF-Interview mit den „Rettet die D-Mark“-Initiatoren am 4. Dezember 1995.

„Niemand kann ernsthaft glauben, daß das geplante europäische Mischgeld und die europäisch gemischte Besetzung der Europäischen Zentralbank von gleicher Qualität sein wird, wie die D-Mark und die Deutsche Bundesbank – vor allem aber daß die vom Ausland oft belächelte Stabilitätsmentalität der Deutschen zum gemeinsamen europäischen Gedankengut wird“, warnte die JF. Ein noch bedeutenderer Kostenfaktor sei ein nicht materialistischer: „Es ist der Unfrieden, den das Eurogeld in Europa stiften wird.“ Durch die Währungsreform würden nicht nur Nachteile für Deutschland entstehen, sondern auch für die anderen europäischen Länder: „Die im Maastricht-Vertrag vorgesehene Währungsreform wird daher im Ergebnis die Völker Europas entzweien und nicht vereinen.“

Inzwischen bewahrheitet sich die schon vor 15 Jahren prognostizierte Entwicklung. Die Euro-Inflationsrate erklimmt immer höhere Werte, die Arbeitslosigkeit nimmt insbesondere in den Krisenländern Griechenland (mindestens 14 Prozent), Irland (15 Prozent), Portugal (11 Prozent) und Spanien (21 Prozent) unerträgliche Ausmaße an. Der Euro droht nicht nur den gemeinsamen Währungsraum, sondern sogar die gesamte EU auseinanderbrechen zu lassen. Wer damals die JF gelesen hatte, muß sich über die heutige Entwicklung nicht wundern.

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