© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/11 27. Mai 2011

25 Jahre Kampf um die Pressefreiheit
Chronik eines Skandals: Wie mit linksradikalem Terror und staatlicher Einschüchterung versucht wurde,die JUNGE FREIHEIT zu stoppen

Daß die  JUNGE FREIHEIT in diesem Sommer ihr 25jähriges Bestehen feiern kann, grenzt fast an ein Wunder und ist vor allem ihrem Selbstbehauptungswillen zuzuschreiben. Denn wie keine andere Zeitung in diesem Land mußte sie sich in den zurückliegenden Jahren gegen massive Angriffe, Drohungen, Verdächtigungen und Verleumdungen sowohl von zum Teil gewalttätigen Linksextremisten als auch von staatlicher Seite zur Wehr setzen. Eine Schlüsselrolle dabei spielt die zehn Jahre währende Auseinandersetzung mit dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz, die erst 2005 mit einer höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe eindeutig zugunsten der Zeitung entschieden wurde. Die folgende Chronik dokumentiert die skandalöse und in der deutschen Pressegeschichte einmalige Diskriminierung einer Zeitung.

 

1992:  Nachdem die Umstellung auf wöchentliches Erscheinen auf einer Pressekonferenz auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 1992 angekündigt worden war, verstärkten sich linksextremistische Angriffe, Drohungen und Verleumdungen gegen dieses unabhängige Zeitungsprojekt. Vor der Büroadresse in Freiburg im Breisgau, dem ersten Sitz der JF, kommt es zu ersten Demonstrationen von Linksextremisten. Einschlägige Blätter wie die Antifaschistischen Nachrichten nehmen die JF ins Visier, Zeit, taz, Stern und FAZ berichten.

 

1993: Auf der Leipziger Buchmesse kommt es zu einem gewaltsamen Angriff auf eine von der JF veranstaltete Podiumsdiskussion, auf der Vertreter der Jusos, Junge Liberale und Junge Union miteinander diskutieren sollten. Ein Teilnehmer wird von linksradikalen Chaoten krankenhausreif geprügelt.

 

1993: Im Rahmen der „Potsdamer Diskurse“ sollte es zu einer Podiumsdiskussion zwischen dem Historiker Prof. Julius Schoeps, dem PDS-Chef Gregor Gysi und Dieter Stein kommen. Die Ankündigung, daß Stein auf dem Podium sitzen soll, führt zu politischen Protesten und einer wochenlangen Medienkampagne – schließlich zur Absage der Veranstaltung. Gysis Teilnahme wurde zu keinem Zeitpunkt problematisiert.

 

1994: Am 21. Januar erscheint die erste Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT als Wochenzeitung. Linksextremisten aus dem Antifa-Milieu und Jungsozialisten (Jusos) machen mit verschiedenen Aktionen gegen die JF mobil. Kioskbetreiber werden unter Druck gesetzt. Am 29. Oktober kommt es in Potsdam-Bornstedt bei einer Demonstration linksextremer Gruppen gegen die JUNGE FREIHEIT zu schweren Ausschreitungen. Am 4. Dezember verüben Linksterroristen einen Brandanschlag auf die Weimarer Union-Druckerei, in der die JF gedruckt wird. Der Sachschaden beträgt 1,5 Millionen Mark. Zu dem Anschlag bekennen sich „Revolutionäre Lesbenfrauengruppen und andere revolutionäre Gruppen“. Der Generalbundesanwalt übernimmt die Ermittlungen wegen des „Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung“; die Täter werden nie ermittelt. Einen von der JF initiierten Appell „Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden – Appell anläßlich des Anschlags auf die Druckerei der JUNGEN FREIHEIT“ unterschreiben neben anderen Daniel Cohn-Bendit, Peter Gauweiler, Richard Herzinger, Alfred Mechtersheimer, Ulrike Poppe, Thomas Schmid und Rolf Stolz. Noch im Dezember kündigt die Union-Druckerei wegen des Brandanschlags den Vertrag mit der JF.

 

Januar 1995: Der Philosophieprofessor und frühere stellvertretende Chefredakteur der Welt, Günter Zehm, veröffentlicht seine legendäre „Pankraz“-Kolumne in der JF. Am 18. Januar geht bei einem Anschlag das Auto von Chefredakteur Dieter Stein in Flammen auf. Zu dem Anschlag bekennt sich eine „Autonom-Antifaschistische Gruppe“.

 

Mai 1995: Das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen erhebt im Verfassungsschutzbericht für 1994 erstmals den Vorwurf, es existierten „tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen in der JF“. Viele Zeitungen stürzen sich auf diesen Vorwurf und verdrehen ihn zu der Behauptung, die JF werde als „rechtsextremistisch“ eingeordnet – juristisch ein himmelweiter Unterschied.

 

August 1995: In einem Interview mit der Wochenpost billigt die stellvertretende PDS-Vorsitzende Angela Marquardt den Brandanschlag auf die JF: „Ich halte es für legitim, zu verhindern, daß die JUNGE FREIHEIT gedruckt werden kann.“ Aufgrund einer Strafanzeige wegen Billigung einer Straftat nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Marquardt auf. Sie wird vor Gericht am 4. Februar 1997 freigesprochen.

 

Oktober 1995: Die JF zieht von Potsdam nach Berlin um. Der Potsdamer Vermieter hatte unter dem Druck der Anschläge und auch der Presseberichterstattung der JF gekündigt. Innerhalb kürzester Zeit wird der neue Vermieter in Berlin derart unter Druck gesetzt, daß der JF wieder gekündigt wird und sie erneut umziehen muß. Seit Oktober 1996 befindet sich der Verlag nunmehr am Hohenzollerndamm in Berlin-Wilmersdorf.

 

März 1996: In Hamburg protestierten Mitglieder einer Initiative „Stoppt Nazi-Zeitungen“ vor Kiosken mit Transparenten und Flugblättern gegen den Verkauf unter anderem der JF.

 

August 1996: Die JUNGE FREIHEIT erhebt Klage gegen das NRW-Innenministerium auf Unterlassung der Beobachtung der JF im Verfassungsschutzbericht. Am 24. Oktober lehnt das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Antrag der JF auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das Land NRW ab. 

 

November 1996: Die JF startet unter www.jungefreiheit.de ihren Internetauftritt.

 

Februar 1997: Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lehnt die Klage der JUNGEN FREIHEIT gegen das Land NRW ab. Am 17. April stellt die JF Antrag auf Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vor dem Oberverwaltungsgericht Münster.

 

April 1998: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) warnt in Informationen für Sicherheitsbeauftragte der Bundeswehr unter Berufung auf den NRW-Verfassungsschutz vor dem Bezug der JF.

 

März 1999: In der JF erscheint ein Interview mit Jörg Schönbohm, damals Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der brandenburgischen CDU. Das Interview löst helle Empörung bei der regierenden SPD und bei den Medien aus.

 

August 1999: Die JF boykottiert die Rechtschreibreform und bleibt bei der bewährten traditionellen Rechtschreibung.

 

Januar 2000: Die JF stellt ihr Zeitungsformat auf das größere „Nordische Format“ um und erscheint mit vierfarbiger Titelseite. Carl Gustaf Ströhm, langjähriger Osteuropa-Korrespondent der Welt, stößt als Kolumnist zur JF.

 

September 2000: Sachsens Justizminister Steffen Heitmann wird im Zuge einer Pressekampagne gegen ihn auch deshalb angegriffen, weil er sich früher in der JF geäußert hatte. Generalbundesanwalt a. D. Alexander von Stahl spricht deshalb von einem „Angriff auf die Pressefreiheit“.

Christoph Zöpel (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, wird von zahlreichen Medien massiv angegriffen, weil er sich in einem Interview in der JF geäußert hat. Die Bild-Zeitung kommentiert: „Wenn die Bundesregierung glaubwürdig bleiben will, müssen Schröder und Fischer jetzt handeln.“ In einer Bundestagsdebatte erklärt der damalige FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle: „Es geht nicht darum, was er gesagt hat. Es geht darum, daß er ein solches Blatt aufwertet.“

 

Oktober 2000: Die stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, wird wegen eines Interviews mit der JF von zahlreichen Zeitungen  kritisiert. Es kommt zu einem Beschluß des Zentralrates, daß der JF keine Interviews mehr gegeben werden sollen.

Friedhelm Farthmann, 1975 bis 1985 NRW-Sozialminister und 1985 bis 1995 Fraktionsvorsitzender der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, äußert sich in einem JF-Gespräch: „Es ist natürlich ein Mangel an Demokratie, wenn nicht das ganze Meinungsspektrum zum Ausdruck kommt. Deshalb ist auch die sogenannte Political Correctness, zumindest deren extreme Ausprägung, so verderblich.“

 

November 2000: An der Universität Jena entbrennt eine politische Kampagne gegen den dort lehrenden Philosophieprofessor Günter Zehm, weil er für die JUNGE FREIHEIT wöchentlich seine berühmte Pankraz-Kolumne verfaßt.

 

Januar 2001: Die Deutsche Postbank kündigt der JUNGEN FREIHEIT ihr Hauptgeschäftskonto. Ein Sprecher erklärt: „Wir möchten mit extremen Organisationen keine Kundenbeziehung.“ Der Vorsitzende des Journalisten-Verbandes Berlin, Alexander Kulpok, wertet die Maßnahme als „Angriff auf die Pressefreiheit“. Am 22. Januar erklärt er gegenüber dem Focus: „Eine Bank kann kein Medienunternehmen in den Ruin treiben, nur weil ihr dessen politische Richtung nicht paßt.“

 

Februar 2001: Die JF veröffentlicht in großformatigen Anzeigen ihren von Prominenten unterzeichneten „Appell für die Pressefreiheit – Gegen die von der Postbank ausgesprochene politisch motivierte Kündigung des Hauptgeschäftskontos der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT“. Noch am Tag des Erscheinens des Appells zieht die Postbank die Kontenkündigung zurück.

 

Mai 2001: Das Oberverwaltungsgericht Münster fällt im Verfahren der JF gegen das Land NRW den Beschluß, den Antrag der JUNGEN FREIHEIT auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf von 1997 nicht zuzulassen. Dagegen reicht die JF Verfassungsbeschwerde beim  Bundesverfassungsgericht ein.

 

Juni 2001: Die JF feiert ihr 15jähriges Bestehen. Anläßlich dieses Jubiläums schreibt die Welt zum Thema NRW-Verfassungsschutz: „Beweise für eine rechtsextremistische Tendenz hat er nie gefunden, nur ‘Anhaltspunkte’.“

 

August 2001: Götz Kubitschek, Oberleutnant der Reserve, wird wegen seiner Mitarbeit bei der JF vom Personalamt der Bundeswehr aus einer laufenden Wehrübung entlassen. Die JF initiiert daraufhin einen „Appell an die Bundeswehr – Gegen die Entlassung konservativer Soldaten“, den weit über 2.000 Bürger unterzeichnen. Mit Erfolg: Im April 2002 widerruft das  Personalamt die Vorwürfe gegenüber Kubitschek, er kann wieder an Wehrübungen teilnehmen und ist voll rehabilitiert.

 

Februar 2002: Der Extremismusforscher und Politikprofessor der TU Chemnitz Eckhard Jesse schreibt in einem Beitrag für die Welt über die JF: „Offenkundig wird mit zweierlei Maß gemessen. (…) Wer im Neuen Deutschland einen Artikel schreibt, kommt ‘ungeschoren’ davon; wer der JUNGEN FREIHEIT ein Interview gibt, provoziert eine Kampagne. Die Erosion der Abgrenzung zwischen demokratisch und extremistisch geschieht am linken, nicht am rechten Rand, wie gemeinhin behauptet.“

 

März 2002: Der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl tritt als Prozeßbevollmächtigter in das Verfahren der JF gegen den NRW-Verfassungsschutz ein und löst damit den Münchner Rechtsanwalt Manfred Brunner ab.

 

Juni 2002: Am 3. Juni erscheint in der FAZ, am 5. Juni in der Süddeutschen Zeitung der von der JF initiierte „Appell für die Pressefreiheit – Gegen die Verletzung demokratischer Grundrechte durch den NRW-Verfassungsschutz“, den über 3.000 Menschen unterschreiben.

 

Januar 2003: In Halle/Saale kommt es zu Ausschreitungen während eines Vortrages des JF-Chefredakteurs Dieter Stein auf einem Verbindungshaus. Steins Auto wird demoliert, Front-, Heck- und zwei Seitenscheiben durch Pflastersteine zertrümmert. Das „Ermittlungsverfahren“ gegen Unbekannt wird von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

 

November 2004: Egon Bahr, einstiger Vertrauter des SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzlers Willy Brandt, löst eine Pressekampagne aus, weil er der JF ein Interview gegeben hat. Es sei „ein absolutes Unding, einer als rechtsradikal geltenden Zeitung im Willy-Brandt-Haus Gastrecht zu gewähren“, erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy.  Bahr weist die Kritik im Fernsehmagazin „Kulturzeit“ zurück: „Ich habe die Zeitung über Monate ein bißchen verfolgt, fand sie interessant, intelligent, rechtskonservativ – aber nicht nazistisch – und habe gedacht, nachdem ich auch gesehen habe, daß sie auch den 20. Juli fabelhaft behandelt haben, einschließlich der dortigen Sozialdemokraten, ich könnte ein Interview geben. Mir kommt es doch auf den Inhalt an!“

 

Januar 2005: Der Filmemacher, ehemalige Chefredakteur von stern TV und Lübbe-TV und langjährige JF-Autor Wolfgang Venohr stirbt. Eine von der JF in Auftrag gegebene Todesanzeige wird von der Tageszeitung Die Welt wieder aus dem Blatt genommen.

 

Februar 2005: Peter Glotz, Vordenker der SPD und einstiger Bundesgeschäftsführer, löst ebenfalls eine Pressekampagne aus, nachdem er der JUNGEN FREIHEIT ein Interview gegeben hat. Der innenpolitische Sprecher Dieter Wiefelspütz verweist auf eine Übereinkunft der SPD-Bundestagsfraktion, dem Wochenblatt keine Interviews zu geben.

 

März 2005: Der SPD-Spitzenpolitiker Friedhelm Farthmann fordert in einem JF-Interview den Rücktritt von Joschka Fischer als Außenminister wegen dessen Verstrickung in den Visa-Skandal. Sofort macht dieses Gespräch mit dem einstigen NRW-Landesminister und langjährigen SPD-Fraktionsvorsitzenden im Düsseldorfer Landtag Schlagzeilen.

Ein tagelanges Medienecho löst ein Interview des Bezirksbürgermeisters von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), mit der JF aus, in dem er scharf mit der Idee einer multikulturellen Gesellschaft abrechnet. Die Gewerkschaft Verdi und die CDU fordern seine Ablösung. Erst durch eine Entschuldigung kann Buschkowsky seinen Kopf retten.

Die Wochenzeitung Jüdische Allgemeine erscheint mit einem „Pro & Contra“ zum Thema „Darf man der rechtsextremen JUNGEN FREIHEIT Interviews geben?“. Das Pro schreibt Peter Glotz und meint: „Wenn ich etwas hasse, dann sind es Berührungsängste. Man muß seine Positionen verteidigen, und zwar gegenüber (fast) jedermann.“

 

24. Mai 2005: Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts erklärt die Praxis des NRW-Verfassungsschutzes für verfassungswidrig (1 BvR 1072/01). Alle bisher anderslautenden Urteile werden aufgehoben. In den Entscheidungsgründen heißt es, die JF werde in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit verletzt, ihre Wirkungsmöglichkeiten würden nachteilig beeinflußt.

 

Juni 2005: Die FAZ kommentiert: „Daß die nordrhein-westfälische Behörde Publikationen, die sie als rechtsaußen betrachtet, indiziert, überrascht nicht wirklich. Daß aber sogar das Oberverwaltungsgericht des Landes meint, das Grundrecht der Pressefreiheit sei gar nicht berührt, wenn eine Zeitung unter der Überschrift ‘Rechtsextremismus’ geführt wird, sagt nichts Gutes über die Rechtskultur. Vor gut zehn Jahren, als die jetzt beanstandeten Berichte erschienen, wurde ein Brandanschlag auf die Druckerei der JUNGEN FREIHEIT verübt – und weitgehend beschwiegen. Das sagt auch etwas über die Pressefreiheit, an die das Bundesverfassungsgericht nun wieder erinnert hat.“ Die Frankfurter Rundschau schreibt: „Es ist vielleicht kein großer, wohl aber ein bedeutender Tag für die Republik.“

Die linksalternative tageszeitung urteilt: „Die Presse ist frei. Diese hehren vier Worte gelten auch für die JUNGE FREIHEIT. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Aufnahme der Wochenzeitung in den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht ist eindeutig – und richtig. Das Label ‘rechtsextrem’ für das extrem rechte Blatt hat ausgedient. (…) Ein markiges Label ersetzt nun einmal nicht die inhaltliche Auseinandersetzung. Doch davon konnte in letzter Zeit nur noch selten die Rede sein.“ Nur die Süddeutsche Zeitung kritisiert die Entscheidung des Verfassungsgerichts als „Niederlage der ‘wehrhaften Demokratie’“.

 

2. September 2005: Die Erste Bürgermeisterin von Duisburg Doris Janicki (Grüne) wird von ihrer eigenen Parteiführung wegen eines Interviews in der JF zur multikulturellen Gesellschaft angegriffen. Grünen-Chefin Claudia Roth spricht von einem „erschreckenden Fehlverhalten“. Janicki hatte kritisiert, die Parteiführung verschließe vor der multikulturellen Realität in Städten wie Duisburg die Augen.

 

Oktober 2005: Auf der Frankfurter Buchmesse marschiert ein Trupp autonomer Antifaschisten am Messestand der JF auf. Polizeibeamte müssen die Störenfriede aus der Halle begleiten, bevor es zu ernsten Zwischenfällen kommt. Aussteller linker Verlage bezeichnen es als „empörend“, daß die JF überhaupt auf der Buchmesse ausstellen darf.

 

Januar 2006: Der Direktor der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille, verweigert der JF die Zulassung zur Messe. „Wir (…) befürchten, daß eine Standbeteiligung Ihres Verlages sowie die geplanten Veranstaltungen den ordnungsgemäßen Ablauf der Leipziger Buchmesse gefährden.“

 

Februar 2006: Die JF veröffentlicht ihren „Appell für die Pressefreiheit“. Er richtet sich gegen die politisch motivierte Ausladung von der Buchmesse. Zu den Erstunterzeichnern gehören Arnulf Baring, Joachim Fest sowie Helmut Markwort. In den folgenden Tagen schließen sich immer mehr Unterzeichner dem Appell an, darunter der frühere Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, der Verleger und Publizist Wolf Jobst Siedler, der britische Bestsellerautor Frederick Forsyth und der ehemalige Bundesminister Carl-Dieter Spranger. Am Ende unterstützen über 1.500 Unterzeichner den Appell. Mit Erfolg: Der JUNGEN FREIHEIT wird doch die Zulassung zur Buchmesse erteilt.

 

März 2006: Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen hat die JUNGE FREIHEIT aus seinem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2005 gestrichen.

 

Mai 2006: Als Konsequenz auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben die Innenministerien die Praxis der „Erwähnung“ der JF in Verfassungsschutzberichten nun flächendeckend eingestellt. „Damit hat eine elf Jahre dauernde Diskriminierung unserer Zeitung ein Ende gefunden“, erklärt Dieter Stein.

 

März 2007: Gegen die Aufnahme des JF-Redakteurs Marcus Schmidt in die Bundespressekonferenz protestieren Journalisten von einigen Regionalzeitungen. Ihr Einspruch wird jedoch abgelehnt, schließlich erfülle der JF-Redakteur alle Anforderungen. Schmidt wird trotz anhaltender Proteste und einer massiven linken Pressekampagne Mitglied der Bundespressekonferenz.

 

Juni 2007: Dem ehemaligen Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) wird wegen seines Interviews in der JF vorgeworfen, er habe ein Tabu gebrochen. Funke reagiert gelassen: „Ich bin ja nicht der einzige Sozi, der der JUNGEN FREIHEIT Interviews gibt.“

 

Juli 2007: In verschiedenen Städten Deutschlands kommt es zu linksradikalen Kampagnen gegen den freien Verkauf der JF an Kiosken. Zeitschriftenhändler werden aufgefordert, die JF aus dem Sortiment zu nehmen.

 

31. August 2007: Widerspruch und Empörung löst ein Interview aus, das der Bürgermeister von Mügeln, Gotthard Deuse (FDP), der JUNGEN FREIHEIT gibt. In der sächsischen Kleinstadt ist es am Rande eines Stadtfestes zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen acht Inder sowie vier Deutsche verletzt worden waren. Zahlreiche Medien vermuten einen rechtsextremistischen Hintergrund. Bürgermeister Deuse kritisiert in dem JF-Gespräch Medien, Politik und den „Kampf gegen Rechts“. Er spricht von einem „neuen Sebnitz“: „Was Sebnitz ausmachte, war die Vorverurteilung einer Stadt durch Medien und Politik: Urteilen, ohne die Fakten zu kennen! Diese Definition paßt auch auf Mügeln, insofern sehe ich Mügeln in der Tat als neues Sebnitz.“ Deuse: „Mügeln wird zu Unrecht als rechtsextremes Städtchen dargestellt.“ Mit Blick auf das Interview erklärt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, aufrechte Demokraten hielten Abstand zur JUNGEN FREIHEIT. FDP-Chef Guido Westerwelle sagt: „Ich würde einer solchen Zeitung kein Interview geben und rate auch dazu, es nicht zu tun.“

 

April 2008: Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) kündigt an, dem Landtagsabgeordneten und ehemaligen JF-Redakteur Peter Krause das Amt des Kultusministers zu übertragen. Vertreter von SPD, Grünen und der Linkspartei sowie des Zentralrats der Juden kritisieren die Nominierung und fordern Althaus auf, Krause zurückzuziehen,

 

Mai 2008: In der Nacht zum 1. Mai wird auf das Auto von Peter Krauses Frau ein Anschlag verübt. Ministerpräsident Althaus erklärt, daß er an Krause als Minister festhalten wird. Für den 8. Mai rufen linke Gruppierungen zu einer Demonstration gegen die Ernennung Krauses zum Kultusminister auf. Am 5. Mai gibt Peter Krause seinen Verzicht auf das Amt des Kultusministers in Thüringen bekannt. „In meine private Sphäre wird in einer üblen Art und Weise eingegriffen, die ich nicht länger bereit bin zu ertragen.“

 

Mai 2008: Die Wochenzeitung Die Zeit startet unter www.netz-gegen-nazis.de ein Internetportal im „Kampf gegen Rechts“. Als Fernsehpartner tritt das ZDF auf. Neben extremistischen Organisationen führt das „Netz gegen Nazis“ auch konservative Einrichtungen wie das Studienzentrum Weikersheim und das Institut für Staatspolitik sowie die JUNGE FREIHEIT auf. Gegen dieses Vorgehen protestiert JF-Chefredakteur Dieter Stein bei Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und dem Intendanten des ZDF. Der DFB-Ehrenpräsident Gerhard Mayer-Vorfelder protestiert öffentlich und mit Schreiben an die Zeit gegen die Verleumdung der JUNGEN FREIHEIT auf der Denunziationsseite.

 

Mai/Juni 2008: SPD- und Grünen-Politiker protestieren gegen die Aufnahme der JF in die elektronische Pressedokumentation des Bundestages.

 

Februar 2009: In Niedersachsen fordern Politiker von Grünen und SPD den Rücktritt des CDU-Lokalpolitikers Hinrich Rohbohm, weil er zum Zeitpunkt seiner Einstellung bei der JUNGEN FREIHEIT noch als Orts- und Fraktionsvorsitzender in der Kleinstadt Jork engagiert ist. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Martina Krogmann erklärt: „Wer für ein solches Blatt arbeitet, ist untragbar, wenn er gleichzeitig Ämter in der CDU wahrnimmt.“ Rohbohm wird unter dem Druck der CDU-Spitze als Fraktionschef in Jork abgewählt.

 

Januar 2010: Helmut Matthies, Leiter der evangelischen Nachrichtenagentur idea, wird von dem Bildungsdezernenten der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Oberkirchenrat Christhard Wagner, aufgefordert, den ihm am 5. Dezember 2009 von der gemeinnützigen Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) in Kooperation mit der JUNGEN FREIHEIT verliehenen Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für Publizistik zurückzugeben. Ingeborg Löwenthal, Witwe des 2002 verstorbenen Fernsehjournalisten Gerhard Löwenthal, fühlt sich „persönlich verletzt“. Der JF sagt sie: „Ich empfinde es als ausgesprochen infam, Gerhard Löwenthal als Preisgeber dem Rechtsextremismus zuzuordnen.“ Helmut Matthies zeigt sich empört. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ein von den Nationalsozialisten verfolgter prominenter deutscher Jude von einer deutschen Landeskirche je mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht werden könnte.“

 

März 2010: Einem Autor der JUNGEN FREIHEIT, der an einer Bundeswehruniversität studiert, wird die „Genehmigung zur Nebentätigkeit“ als Journalist entzogen. Linksradikale hatten ihn bei der örtlichen Israelitischen Kultusgemeinde denunziert, die dann an die Bundeswehr herantrat und für das Vorgehen des Vorgesetzten sorgte. Im Februar 2011 entscheidet das Truppendienstgericht zugunsten des Studenten; er wird rehabilitiert.

 

März 2010: Auf das Gebäude des Geschäftssitzes der JUNGEN FREIHEIT am Hohenzollerndamm werden mehrere blutrote Farbbeutel geworfen, die Fassade großflächig beschmiert. Eine Nachbarin findet vor dem Gebäude zwei Flugblätter, in denen sich in einer Art Bekennerschreiben Linksextremisten der Tat bezichtigen und zu weiteren Aktionen gegen die JF aufrufen. Der Staatsschutz hat ermittelt.

 

Mai 2010: Dem Sieger des Jung-Autorenwettbewerbs 2009 der JUNGEN FREIHEIT, Carlo Clemens, wird während der Ableistung eines Freiwilligen Sozialen Jahres in einem Frankfurter Gymnasium gekündigt. Eine Antifa-Initiative hatte ihn wegen seiner Autorentätigkeit für die JF bei der Direktion denunziert.

Die Initiatoren der Kampagne „Let’s push things forward“ (übersetzt: Laß uns die Dinge voranbringen) wollen den Verkauf „rechter Zeitungen“, darunter auch die JUNGE FREIHEIT, im Zeitschriftenhandel unterbinden. Zu den Unterstützern des Aufrufs gehören Antifa-Gruppen, Berliner Juso-Verbände und die Geschäftsführung des Berliner Bezirksverbandes der Dienstleistungsgesellschaft Verdi-Berlin.

 

Juni 2010: Die JUNGE FREIHEIT kann den Text eines Gesprächs mit der deutschen Fußball-Legende Horst Eckel nicht drucken. Eckel, Angehöriger der Weltmeisterelf von 1954, wollte den Text freigeben. Der Deutsche Fußballbund (DFB) übt jedoch massiven Druck aus und verhindert aus politischen Gründen die Autorisierung des Interviews.

 

September 2010: Die JF erscheint mit neuer Optik und einem auf 24 Seiten erweiterten Umfang. Als bekannt wird, daß die Deutsche Bischofskonferenz die traditionsreiche Wochenzeitung Rheinischer Merkur einstellen will und die Abonnenten von der linksliberalen Hamburger Zeit übernommen werden sollen, unterbreitet die JF dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz das Angebot von Übernahmeverhandlungen. In einer Antwort an die JF wird dies abgelehnt. Mit der Einstellung des Rheinischen Merkurs rückt die JF – auch aufgrund der gestiegenen Auflage – zur Nummer zwei unter den überregionalen, politisch-kulturellen Wochenzeitungen in Deutschland auf.

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