© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/11 10. Juni 2011

Ackerflächen für Energiepflanzen verdrängen die Wälder
Denkmal für ein Naturgut
Harald Ströhlein

Zu Recht hat die Uno 2011 zum „Internationalen Jahr der Wälder“ deklariert. Nach dem Motto „ein Schritt nach vorne und zwei Schritt zurück“ werden nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO weltweit jährlich rund 7,8 Millionen Hektar Brachfläche aufgeforstet, während etwa 13 Millionen Hektar Wald – das ist mehr als die gesamte Waldfläche in Deutschland – gerodet werden. Gründe für diesen Waldfrevel gibt es zur Genüge. Überwiegend geht es um die Gewinnung von Nutzholz und um die Umwandlung von Waldflächen entweder für den Anbau von Futter- und Energiepflanzen oder für Weideland. Kein Simulationsprogramm der Welt vermag zu prognostizieren, welche Konsequenzen der Wälderschwund für Flora, Fauna und nicht zuletzt das Klima nach sich zieht. Fest steht, daß seit geraumer Zeit ökologisch wertvolle Biotope von der globalen Bildfläche aufgrund ökonomischer Interessen kontinuierlich verschwinden.

Vor diesem besorgniserregenden Hintergrund herrschen hingegen in Deutschland andere Verhältnisse. Innerhalb der letzten 50 Jahre ist die Waldfläche immerhin um über eine Million Hektar auf nun gut elf Millionen Hektar (was einem Drittel der gesamten Fläche unseres Landes entspricht) gewachsen. Dadurch wird ein jährlicher Holzzuwachs von fast 115 Millionen Kubikmetern verzeichnet. Das ist zu begrüßen, denn der Wald nimmt in weiten Teilen als flächendeckendes Biotop eine tragende Funktion für die Artenvielfalt sowie als Regulator für den Wasserhaushalt und nicht zuletzt für das Klima ein.

So speichern unsere Wälder über 1,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff bzw. binden jährlich etwa 17 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Daneben hat sich der Wald zu einem nennenswerten Wirtschaftsfaktor entwickelt: Mit 3,4 Milliarden Kubikmetern verfügt Deutschland über die größten Holzvorräte in Europa. Mehr als 1,2 Millionen Menschen sind im Forst- und Holzsektor beschäftigt; der Branchenjahresumsatz wird mit etwa 170 Milliarden Euro beziffert.

Doch es ist nicht nur die Holzindustrie mit der nachgelagerten Möbel- und Papierindustrie, die vom Wald lebt, sondern auch der einzelne Waldeigentümer, der „seinen Wald“ als sicheres Besitztum nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit generationenübergreifend hegt und pflegt.

Es hat deshalb Vorzeigecharakter, wenn in diesem Jahr Bund, Länder, Kommunen sowie zahlreiche Verbände im Rahmen von fast 5.000 Veranstaltungen den Wald im weitesten Sinne thematisieren werden, um uns Menschen für eines unserer wichtigsten Naturgüter zu sensibilisieren. Alleine die Tatsache, daß wir Deutsche jährlich 50.000 Tonnen Papier einsparen und rund eine halbe Million Bäume schonen könnten, würden wir unseren Kaffee nicht im Pappbecher, sondern in der herkömmlichen Tasse konsumieren, sollte uns zu denken geben.

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