© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/11 10. Juni 2011
Lockerungsübungen Die Bedrohungen, denen der Militärische Abschirmdienst (MAD) entgegentritt, sind ziemlich exakt jene, denen auch die Verfassungsschutzämter zu wehren haben. Gerade dann, wenn man Wert darauf legt, daß die Bundeswehr kein Staat im Staate sein soll, muß es folglich als widersinnig erscheinen, Strukturen, über die die Innenressorts des Bundes und der Länder bereits gebieten, unter der Ägide des Verteidigungsministers zu duplizieren. Aus marktwirtschaftlicher Sicht kann entgegnet werden, daß Wettbewerb in der Regel zu besseren Produkten für die Kunden, in diesem Fall die Verantwortlichen für die öffentliche Sicherheit, führt. Allerdings ist dieses liberale Credo im öffentlichen Leben kaum noch präsent, was daran abzulesen ist, daß ausgerechnet die FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu den vehementesten Befürwortern einer Auflösung des MAD zählt. Ihr Kollege im Verteidigungsressort jedoch teilt diese Auffassung nicht. Da Thomas de Maizière sich ansonsten dadurch auszeichnet, daß er den anarchischen Wildwuchs der Bundeswehrorganisation unerschrocken zurechtstutzt, dürfte er von der Existenzberechtigung des MAD überzeugt sein. Im Kern seiner Argumentation steht die Notwendigkeit, einer rechtsextremistischen Infiltration der Truppe entgegenzuwirken. Wie gravierend diese Bedrohung ist, zeigt die Zahl von 660 Ermittlungen, die der MAD im vergangenen Jahr in diese Richtung zu führen hatte. Offenbar hat nahezu jeder Rechtsextremist im wehrfähigen Alter versucht, bei den Streitkräften Unterschlupf zu finden. Gerade vor dem Hintergrund der Umstellung zu einer reinen Freiwilligenarmee ist hier Vorsicht geboten, da die prinzipielle Unvereinbarkeit des Soldatenberufes mit der Werteordnung des Grundgesetzes immer weniger zu kaschieren sein wird. Wer ohne Zwang zur Bundeswehr geht, bringt dadurch zum Ausdruck, daß er bereit ist, fremde Menschenleben wie auch das eigene nicht zu schonen. Er stellt den Vorrang des einzelnen vor den Belangen eines fiktiven Ganzen in Frage, den er in der Theorie mit Waffengewalt verteidigen soll. Grundsätzliches Mißtrauen gegenüber dem Soldaten ist daher angebracht. Man muß penibel darauf achten, daß er sich der ethischen Fragwürdigkeit seines Berufes stellt und vor ihr nicht in rechtsextremistische Gemeinschaftsideologien flüchtet. |