© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/11 10. Juni 2011
Blick in die Medien Am 17. Juni wählt der ZDF-Fernsehrat den neuen Intendanten. Den 77 Mitgliedern des Gremiums aus Parteien und Verbänden von Verdi bis zum Zentralrat der Juden wird die Wahl nicht schwerfallen – schließlich gibt es nur einen Kandidaten. Programmchef Thomas Bellut soll es werden. Oder geht die Sache noch schief? Claudius Seidl von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hat sich aus Spaß ebenfalls beworben. Doch aus Spaß ist Ernst geworden! Seidl hatte über die Wahlfarce geulkt und seine Kandidatur erklärt. Seine Qualifikation: „Ich habe früher fast täglich ferngesehen, gerne auch mal das ZDF; heute schaue ich gar nicht mehr fern, und beides, glaube ich, macht mich zum idealen Repräsentanten des Publikums.“ Das gefiel vielen Facebook-Freunden: Es entstand eine Kampagne, die sich verselbständigte. Die Zustimmung wiederum befeuerte Seidls Ehrgeiz: Er forderte in Mainz Ausschreibungsunterlagen an. Doch der Sender ließ ihn abblitzen. Ihm wurde lediglich mitgeteilt, daß ein Bewerber von einem Fernsehrat vorgeschlagen werden müsse. Dies versucht Seidl nun durch eine Medienkampagne zu erreichen. Und er verspricht, den alten Pott ZDF abzutakeln. Zum Beispiel bei Übertragungsrechten: „Fußball läuft sowieso. Dafür müssen nicht noch unsere Gebühren verpulvert werden.“ Überhaupt Gebühren: „Wenn man über die GEZ nachdenkt, wird man verrückt. Da ist es ja einfacher, aus der Mafia auszusteigen.“ Das ZDF begründe seine Existenz immer so: „Weil wir das Fernsehen nicht nur kommerziellen Anbietern überlassen dürfen. Wir produzieren aber den gleichen Mist wie die kommerziellen.“ Schade, daß die Wahl bereits abgekartet ist und Seidl keine Chance in dem Lobbyistengremium hat. Aber so ist das mit den Personalentscheidungen in öffentlichen Betrieben: Aufs Können kommt’s halt nicht so an. Das System ist Satire – nicht Seidls Bewerbung. |