© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/11 17. Juni 2011

Lockerungsübungen
Piraterie schafft Wohlstand
Karl Heinzen

Kurz vor Pfingsten hat die deutsche Fregatte „Niedersachsen“ zwei menschenleere Piratenboote vor der Küste Tansanias versenkt. Das Hauptschiff der Seeräuber wurde nicht angegriffen, da sich auf diesem Geiseln befanden, die keiner Gefahr ausgesetzt werden sollten. Es konnte unbehelligt somalische Gewässer ansteuern.

Der Zwischenfall führt vor Augen, daß die Deutsche Marine in diesem Seeraum mehr als nur symbolische Präsenz zeigt. Er dokumentiert zugleich aber auch, wie fruchtlos die Pirateriebekämpfung ist. Seit Jahren bemühen sich Seestreitkräfte aus einer Vielzahl von Staaten, teils unter Führung der EU, der Nato oder der USA, teils unter nationalem Kommando, der Seeräuberei im westlichen Indischen Ozean den Garaus zu machen. Die Piraten hat dies allerdings unbeeindruckt gelassen, ihre Attacken werden immer zahlreicher und professioneller. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres griffen sie vor Somalia bereits 139 Handelsschiffe an, im ganzen Jahr 2010 wurden noch 220 Vorfälle dieser Art gezählt. Unterdessen sind Nachahmer rund um die afrikanische Küste am Werk. Auch in der Karibik ist die Piraterie wieder aufgelebt.

Für die vor Somalia militärisch engagierten Nationen stellt sich daher die Frage, ob sie sich mit dem, was sie nicht zu ändern vermögen, nicht einfach arrangieren sollten. Im Falle der Piraterie ist dies gar nicht so schwer, lassen sich ihr doch auch erfreuliche Aspekte abgewinnen. So bietet sie den Somaliern ohne Almosen wohlhabender Geberländer einen Ansatzpunkt, um wieder in die Weltwirtschaft integriert zu werden. Anstatt auf Hilfe zur Selbsthilfe zu warten, haben beherzte einheimische Unternehmer ihr Schicksal einfach in die Hand genommen und freibeuterische Geschäftsmodelle entwickelt, die es an Komplexität mit multinationalen Konzernen aufnehmen können. Piraterie schafft Wohlstand aber nicht nur in der betroffenen Region, sondern mehrt diesen auch in westlichen Staaten, in denen die Hintermänner residieren. Ihre Einkünfte fließen in den Wirtschaftskreislauf der Gastnationen zurück. Auch in ethischer Hinsicht kann von einer besonderen Verwerflichkeit der Seeräuberei nicht gesprochen werden. Piraten nutzen ihre faktische Kontrolle von Seewegen zur Erzielung von Einkünften. Nichts anderes tun Staaten, die Mautgebühren oder Zölle erheben.

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