© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/11 17. Juni 2011

Frisch gepresst

Roter Terror. Im Gegensatz zu vielen einstigen Kollegen am Osteuropa- und Otto-Suhr-Institut der FU Berlin macht sich der pensionierte Gymnasiallehrer Richard Buchner, 1977 promoviert über die „Sowjetunion im Nuklearzeitalter“, wenig Illusionen über die mörderische Natur des sowjetischen Regimes. Er demonstriert klar, daß der allein auf die dreißiger Jahre bezogene Terminus des „Großen Terrors“ unsinnig ist, da dieses Prinzip praktisch seit 1917 system­immanent war. Wie seine 1905 einsetzende, bis 1941 fortgeschriebene „Gewaltgeschichte“ des Leninismus und Stalinismus belegt, hat aber auch er Mühe, die Legende vom „Humanisten“ Lenin, dessen Lebenswerk vom „Verbrecher“ Stalin „pervertiert“ worden sei, zu durchschauen. Darum rennt er in dem etwas chaotisch strukturierten Werk viele offene Türen ein. Hätte er vor beinahe dreißig Jahren gründlich Peter Scheiberts „Lenin an der Macht“ (Weinheim 1984) studiert, wäre ihm und seinen Lesern viel erspart geblieben. Auch zum Stalinismus teilt Buchner leider kaum etwas mit, was sich nicht im „Schwarzbuch des Kommunismus“, bei Alexander Solschenizyn, Robert Conquest oder bei Jörg Baberowski und Nicolas Werth in deren profunden Analysen zum Stalinismus findet. (kn)

Richard Buchner: Terror und Ideologie. Zur Eskalation der Gewalt im Leninismus und Stalinismus (1905 bis 1937/41), Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2011, broschiert, 543 Seiten, 44 Euro

 

Flüchtlinge. Das besiegte Deutsche Reich mußte nach 1945 in seinen alliierten Besatzungszonen viele Millionen Landsleute aus seinen „ethnisch gesäuberten“ Ostprovinzen integrieren, deren spätere Aufbauleistung nicht unwesentlich den wirtschaftlichen Aufstieg bedingte. Über 300.000 Deutsche aus Ostmitteleuropa, „Altösterreicher“ des früheren k.u.k-Reiches, die ihre Heimat in Jugoslawien, Ungarn, Rumänien oder der Tschechoslowakei verlassen mußten und die nicht wie viele andere 1945/46 in Richtung „Trizonesien“ abgeschoben wurden, fanden in der Alpenrepublik ihre neue Heimat. Die FPÖ-Politiker Martin Graf und Anneliese Kitzmüller, beide mit Wurzeln in Oberschlesien und der Bukowina, haben dieser in der Bundesrepublik kaum wahrgenommenen Vertriebenengruppe und ihrer auch im Nachkriegs-österreich beachtenswerten Aufbauleistung ein interessantes und faktenreiches Werk gewidmet. (bä)

Martin Graf, Anneliese Kitzmüller (Hrsg.): Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der Zweiten Republik. Verein zur Förderung der Medienvielfalt, Wien 2011, broschiert, 242 Seiten, 15 Euro

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