© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/11 24. Juni 2011

Blick in die Medien
Eigentlich müßte die Werbebranche zittern
Toni Roidl

Im Leben jedes technischen Produktes kommt einmal der Schritt vom Statussymbol zum Jedermann-Artikel. Die Hersteller von elektronischen Lesegeräten sind jetzt dabei, diese Phase einzuleiten. Die US-Buchhandelskette Barnes & Noble hat soeben einen E-Reader (E-Lesegerät) mit stark vereinfachter Bedienung zum Preis von 139 US-Dollar auf den Markt gebracht. Die kanadische Firma Kobo präsentiert ebenfalls ein Neugerät ohne komplizierte Knöpfe für nur 130 Dollar. Außerdem kündigte das Unternehmen an, den Ladenpreis für die Vorgängergeneration unter die Preisbarriere von hundert Dollar zu drücken. Große Sorgen muß sich jetzt die Werbewirtschaft machen – und zwar deswegen:

Wenn die Einführung auf dem Massenmarkt gelingt, wird das die Lesegewohnheiten stärker als bisher beeinflussen. Zum Vorteil? Ein französisches Marktforschungsunternehmen hat die Lesegewohnheiten von iPad-Nutzern und Zeitungslesern analysiert. Das Ergebnis: Die Lesezeit ist bei beiden Gruppen gleich – solange es sich um kurze Infohäppchen handelt. Bei längeren Artikeln neigen die iPad-Nutzer zum Überfliegen.

Der Unterschied liegt in der Wahrnehmung: Die Probanden der Studie sollten den Inhalt der gelesenen Artikel wiedergeben und sich an Werbeanzeigen erinnern. Den Papierlesern gelang dies zu 90 Prozent. Die iPad-Leser hatten vieles gleich wieder vergessen – sie konnten nur 70 Prozent rezitieren. Die Untersuchung kommt zu dem klaren Schluß, daß Zeitungslesern die Konzentration auf ihre Druckausgabe leichter fällt, während die Nutzer des Elektrogerätes weniger aufmerksam lesen.

Da der Erinnerungswert ein wichtiger Parameter für die Werbewirtschaft ist, könnte dies den Printmedien wieder Auftrieb verschaffen. Falls die Werbeheinis diese Nachricht nicht am Bildschirm überfliegen und gleich wieder vergessen.

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