© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/11 01. Juli 2011

Lockerungsübungen
Licht am Ende des Tunnels
Karl Heinzen

Bereits in wenigen Wochen wird der Abzug der Amerikaner aus Afghanistan beginnen. Binnen eines Jahres soll die Stärke der in diesem Land eingesetzten US-Truppen um 33.000 Mann sinken. Andere Nationen, unter ihnen auch die Deutschen, werden dem guten Beispiel ihrer Führungsmacht folgen. Wenn alles reibungslos verläuft, wird der Isaf-Einsatz, wie wir ihn heute kennen, in drei Jahren der Vergangenheit angehören. Allenfalls ein paar einsame Militärberater dürften dann noch für eine Weile das Fähnlein der Nato am Hindukusch hochhalten.

Die Entscheidung des US-Präsidenten stößt auch in Deutschland auf eine breite Zustimmung. Zugleich dürfte sie aber den meisten Bürgern unverständlich sein. Sie haben sich daran gewöhnt, daß die Lage in Afghanistan brenzlig ist und sich von Jahr zu Jahr verdüstert, doch nun soll auf einmal Licht am Ende des Tunnels zu erkennen sein.

Die verzerrte Wahrnehmung der Öffentlichkeit findet allerdings eine einfache Erklärung: Die Menschen haben den Militärs Glauben geschenkt, die jedoch prinzipiell alles dramatisieren, damit niemand auf die Idee kommt, sie wären überflüssig. Und sie haben die Effekthascherei der Medien für bare Münze genommen, obwohl diese doch bekanntermaßen der Regel folgen, daß sich nur schlechte Nachrichten gut verkaufen.

Obama irrt sich aber nicht, und es ist Zeit, die Schwarzmalerei einzustellen. Afghanistan wird vielleicht nie so werden, wie wir es gerne hätten, aber es wird doch das bleiben, was es immer war. An Osama bin Laden wurde das Exempel statuiert, daß sich Terrorismus nicht auszahlt – und mag noch so viel Zeit bis zur gerechten Bestrafung verstreichen. Möglicherweise kehren die Taliban schon bald an die Macht zurück, doch dürften auch sie auf Dauer eine demokratische Legitimation anstreben, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, wie die Potentaten manch anderer Länder der islamischen Welt von der Bevölkerung aus dem Amt vertrieben zu werden.

Die Amerikaner und die Europäer können Afghanistan also erhobenen Hauptes verlassen. Sie haben durch ihren Einsatz unter Beweis gestellt, daß sie für die universalen Werte, die ihnen heilig sind, auch große Opfer zu erbringen bereit sind. Dies werden die Afghanen niemals vergessen. Sie wissen, was Menschenrechte und Parlamentarismus für ihr Leben bedeuten.

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