© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Volkswillen mißachtet
Schweiz: Schweizerische Volkspartei kritisiert Verwässerung der Ausschaffungsinitiative
Curd-Torsten Weick

Mit „Entsetzen“ hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) den Schlußbericht der Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative zur Kenntnis genommen. Die von der sozialdemokratischen Justizministerin Simonetta Sommaruga eingesetzte Expertengruppe hatte bei ihren Beratungen keine Einigung erzielt und vergangene Woche einen Vorschlag der Mehrheit präsentiert. Dieser, so die SVP, sei „unhaltbar“, da er den „untauglichen Gegenentwurf“ umsetze, „nicht aber die von Volk und Ständen angenommene Ausschaffungsinitiative“. Die Mehrheit der Stimmbürger (53 Prozent) hatte sich im November 2010 für die Ausschaffung (Abschiebung) krimineller Ausländer ausgesprochen. Bei schweren Delikten sollen sie zukünftig automatisch in ihre Heimat zurückgeschickt werden.

Dies, so SVP-Generalsekretär Martin Baltisser, sei bei dem Mehrheitsentwurf nicht gegeben. Mit der Einführung einer Mindeststrafe von sechs Monaten würden daher schon einmal 84 Prozent der kriminellen Ausländer nicht ausgeschafft, obwohl die von ihnen begangenen Delikte zu einem beträchtlichen Teil in den Geltungsbereich der Ausschaffungsinitiative fallen würden. Parallel dazu ließe der Entwurf „zudem einen großen Interpretationsspielraum“ für die Justiz und Polizeibehörden zur weiteren „Aufweichung des Verfassungsartikels offen“, indem eine Ausschaffung unter anderem mit „Verweis auf die Personenfreizügigkeit oder auf ‘schwerwiegende persönliche Gründe’ verhindert oder aufgeschoben werden kann“.

Vor diesem Hintergrund kritisierte die SVP die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe – fünf Initiativgegner und zwei Befürworter – und kündigte Gegenmaßnahmen an: Wenn nötig, werde man eine „neue Volksinitiative lancieren, die den Wortlaut der korrekten Umsetzung in der Verfassung festschreibt“.

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