© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Mit besten Grüßen von Pawlow
Katholische Kirche: Kritik von links am neuen Erzbischof von Berlin Woelki
Georg Alois Oblinger

Berlin hätte am vergangenen Samstag Grund zum Jubeln gehabt. Nachdem Papst Benedikt XVI. am 24. Februar dieses Jahres das aus Gesundheitsgründen eingereichte Rücktrittsgesuch des mittlerweile verstorbenen Kardinal Georg Sterzinsky angenommen hatte, kam es nach vatikanischen Verhältnissen überaus schnell zur Ernennung des Nachfolgers. Damit steht jetzt auch der Mann fest, der als Ortsbischof den Papst bei seinem Besuch in der deutschen Hauptstadt im September begrüßen darf.

Er heißt Rainer Woelki und war bisher Weihbischof in Köln. Der Sohn ostpreußischer Heimatvertriebener ist in Köln aufgewachsen und hat ein sehr unkompliziertes Naturell. In seiner früheren Pfarrgemeinde und auf Pilgerreisen fand er auch zu Fernstehenden schnell guten Zugang. In seiner Studentenverbindung und als Präses der Kolping-Familie zeigte er sich jovial, und für Katholiken ganz wichtig: Er vertritt uneingeschränkt die Lehre der Kirche. Selbst Nichtkatholiken müßten doch goutieren, wenn jemand mit Überzeugung hinter dem steht, was er von Amts wegen vertritt. Es hätte also Grund gegeben zum Jubeln.

Daß statt dessen gleich eine Medienschelte gegen den designierten Erzbischof einsetzte, hat seinen Grund im antirömischen Affekt, der in der deutschen Gesellschaft weit verbreitet ist und selbst große Teile der Kirche erfaßt hat. Da waren zunächst der „Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg“ und der Arbeitskreis „Lesben und Schwule in der SPD“ (Schwusos), die nach Pawlowschem Reflex sofort losbellten, da Woelki praktizierte Homosexualität als Verstoß gegen die Schöpfungsordnung bezeichnet hat. Hier wiederholt sich das Prozedere vom April 2010 gegenüber seinem bischöflichen Mitbruder Franz-Josef Overbeck von Essen, der in der Talkshow von Anne Will nur aussprach, was man in allen katholischen Katechismen nachlesen kann.

Weitere Kritik entzündete sich an Woelkis Nähe zur Prälatur Opus Dei, bei der er nach eigenem Bekunden jedoch nicht Mitglied ist. Rainer Woelki hat lediglich an der Opus-Dei-Universität „Santa Croce“ in Rom promoviert und gelegentlich Einkehrtage des Opus Dei besucht. Die Personalprälatur Opus Dei ist keine Geheimorganisation, sondern eine geistliche Gemeinschaft, die allen Katholiken offensteht und diesen Wege zeigt, den Alltag zu heiligen. Wer in Deutschland solide geistliche Nahrung sucht, hat keine allzu große Auswahl. Das Angebot mit dem intellektuell und theologisch höchsten Niveau kommt vom Opus Dei. Es ist daher nicht verwunderlich, daß Kardinal Meisner in Köln – ebenso wie der Papst in Rom – wichtige Schlüsselstellen mit Männern besetzt, die hier ihre geistliche Formung erhalten haben. Nach Friedhelm Hofmann in Würzburg und Norbert Trelle in Hildesheim ist der fast 55jährige Rainer Woelki auch schon der dritte Kölner, dem die Leitung eines Bistums übertragen wird.

Es kann nicht geleugnet werden, daß Woelki ein geistiger Ziehsohn des Kölner Kardinals Joachim Meisner ist, der von 1980 bis 1988 das Erzbistum Berlin leitete und dann ins kirchlich wesentlich bedeutendere Erzbistum Köln wechselte. Woelki hat sich an wichtigen Stellen bewährt und bisher ordentliche Arbeit geleistet. Nach seiner Priesterweihe im Jahr 1985 sammelte er seelsorgliche Erfahrung als Kaplan in der Pfarrseelsorge sowie in der Militärseelsorge. 1990 ernannte ihn Joachim Meisner zu seinem Bischöflichen Sekretär und beließ ihn in diesem Amt, bis er ihm 1997 die Leitung des Bischöflichen Theologenkonvikts und damit die Ausbildung der künftigen Priester anvertraute. 2003 erfolgte durch Papst Johannes Paul II. die Ernennung zum Weihbischof in Köln. Woelkis bischöflicher Wahlspruch lautet „Nos sumus testes“ (Wir sind Zeugen). Genau das braucht die Kirche heute notwendiger denn je: Zeugen für die Wahrheit des Evangeliums.

Foto: Rainer Maria Woelki, Berlins neuer Erzbischof: „Wir sind Zeugen“

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