© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Chance verpaßt
Gutachten beweist: Brandenburgs Medien sind bei der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit gescheitert
Clemens Taeschner

Im brandenburgischen Landtag wurde in der vergangenen Woche eine Studie über „Personelle und institutionelle Übergange im Bereich der brandenburgischen Medienlandschaft“ vorgestellt. Sie wurde erstellt für die Enquetekommission zur Aufarbeitung der Wendezeit. In dem 129-Seiten-Werk kommt die Autorin Ariane Mohl zu dem Schluß, „daß von einer wirklichen Neuordnung der ostdeutschen Presselandschaft keine Rede sein kann“. Geschuldet sei dies den „in Pressefragen unerfahrenen Treuhandmanagern“, die durch ihre Verkaufspolitik die Marktmacht der schon zu DDR-Zeiten privilegierten SED-Blätter „zementierten“.

Dieses Fazit entspricht indes dem bereits 1994 von der Bundesregierung vorgelegten Medienbericht, dem zufolge in den neuen Bundesländern die von der SED geschaffene Pressestruktur im Kern erhalten geblieben sei. Schon 1993 hatte die Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann davor gewarnt, daß die in der DDR am „Roten Kloster“ in Leipzig ausgebildeten Journalisten aufgrund ihrer eigenen früheren Verstrickung in der SED-Diktatur die Wahlerfolge der PDS regelrecht herbeischrieben und so das Zusammenwachsen von Ost und West maßgeblich verzögerten. So liegt das Augenmerk von Mohl vor allem auf den bis heute marktbeherrschenden früheren SED-Bezirksblättern MAZ (Märkische Allgemeine, vormals Märkische Volksstimme) und der MOZ (Märkische Oderzeitung, vormals Der Neue Tag) des DDR-Bezirkes Frankfurt/Oder.

Das stärkste Beharrungsvermögen zeigte jedoch der – nicht zufällig – als „Rotfunk“ bekannte ORB (inzwischen  RBB). Hier führte die Stasi-Aufarbeitung nicht automatisch zur Kündigung eines belasteten Mitarbeiters. Wegen früherer SED-Mitgliedschaft wurde sowieso kaum je ein belasteter Journalist in Brandenburg entlassen.

Das Gutachten über die Brandenburger Medien findet sich im Unterpunkt Gremien/Enquete-Kommission/Gutachten  http://www.landtag.brandenburg.de

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