© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

Grüße aus Santiago de Cuba
Wie geht es Hugo?
Alessandra Garcia

Die alten Männer haben gute Geschäfte gemacht. Vor allem mit den eigenen Landsleuten. Sie stehen morgens immer an den Zeitungskiosken Schlange, um die dünnen Tageszeitungen aufzukaufen und dann den Tag über Passanten anzubieten. Ein kleiner Nebenverdienst zur bescheidenen Rente, der diesmal stark gefragt war. Alle wollten sich überzeugen, daß sie noch leben: unser greiser Revolutionsführer Fidel Castro, der nur noch „Papa Fidel“ genannt wird, und sein Ziehsohn Hugo Chávez, der Präsident Venezuelas.

Die Granma, die Großmütterchen genannte Tageszeitung der kommunistischen Partei, druckte nach zwei Wochen wilder Spekulationen endlich ein schwarzweißes Foto, auf dem wiederum Castro und Chávez eine aktuelle Granma halten. „Bilder sagen mehr als 1.000 Worte“, sagte Venezuelas Informationsminister Andrés Izarra im staatlichen Fernsehen. Offenbar wissen die Regierungen in beiden Ländern inzwischen, daß Worten niemand mehr glaubt. Trotzdem entspann sich manch Dialog über die Echtheit des Bildes. Aber es stimmte, Chávez hat die Operation, die „Schlacht um seine Gesundheit“, überstanden und ist inzwischen nach Venezuela zurückgekehrt. Auch wenn immer noch unklar ist, welche Art Tumor ihm entfernt wurde.

Gerüchte über die Schwere der Krankheit von Chávez haben uns sehr beschäftigt. Was würde aus Kuba werden, wenn er abtreten müßte? Was würde aus den zaghaft angegangenen wirtschaftlichen Reformen Raúl Castros? Gar Hungerzeiten wie nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers Anfang der 1990er Jahre?

Kuba hängt am Tropf Venuzelas. 98.000 Fässer Rohöl liefert Venezuela angeblich täglich. Und noch immer verkaufen wir davon einen Teil auf eigene Rechnung weiter. Andererseits sind 40.000 Kubaner in Venezuela aktiv. Abgesehen von Militärs und politischen Beratern alles Fachleute wie Ärzte, medizinisches Personal und Lehrer, die Kuba fehlen.

Da aber wohl jede kubanische Familie einen Onkel, Großneffen oder Sohn hat, der „im Namen der internationalen Solidarität“ im Chávez-Land tätig ist oder war, hat auch jede von den privaten Mitbringseln profitiert. Was also, wenn es einen Präsidenten Chávez nicht mehr geben sollte oder die Krise Venezuelas so groß würde, daß für Kuba nichts mehr bleibt? Vielleicht lebt Chávez ja auch ewig, so wie „Papa Fidel“, dem ein Leibarzt bereits 140 Lebensjahre prognostizierte.

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