© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

Haltungsnote
Hobelnder Pauker
Christian Schwiesselmann

In der egalitären Gesellschaft sind Unterschiede etwas Antiquiertes. Die Schule ist dabei ein besonderer Gradmesser für den Siegeszug der Gleichheit über die Differenz. Insofern ist es aus Sicht der Gleichheitsapostel folgerichtig, wenn mit dem dreigliedrigen Schulsystem auch die unterschiedliche Entlohnung von Grund-, Hauptschul-, Realschul- und Gymnasiallehrern weggehobelt wird.

Die Wertigkeit der Lehrerarbeit orientiere sich wie in der Kaiserzeit immer noch an der Schuhgröße der Schülerinnen und Schüler, ätzte der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, jüngst im Neuen Deutschland. „Dieses Kastendenken paßt nicht in eine moderne demokratische Schule“, agitierte er ausgerechnet im einstigen SED-Fachorgan für die Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit gegen die „Besoldungshierarchie im Lehrerberuf“.

Die Position des 1952 geborenen Physik-, Mathematik- und Biologielehrers dürfte vor allem mit seiner eigenen Provenienz als Grundschul- und Hauptschulpauker zusammenhängen. Der ehemalige Rektor einer Hauptschule in einem sozialen Brennpunkt Dortmunds begann seine Funktionärskarriere im traditionell linken Milieu der Lehrergewerkschaften 1984 als Junglehrersprecher. 1996 übernahm er den NRW-Landesvorsitz, 2009 den Bundesvorsitz der VBE, eine mit zirka 140.000 Mitgliedern starke Konkurrentin der noch linkeren GEW.

Beckmann, der seine Pfründe auch als Personalrat im NRW-Schulministerium sichert, hat gute Chancen, das Tarif- und Besoldungsrecht so zu nivellieren wie die Niveauunterschiede zwischen Hauptschülern und Gymnasiasten. Am Ende seiner Gleichmacherei könnte die Polytechnische Oberschule à la DDR stehen. Aus der VBE würde dann ein VEB. Das gefiele sicher auch den Lesern des Neuen Deutschland.

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