© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/11 22. Juli 2011

Royal Navy erleidet Schiffbruch
Großbritannien: Marine als Steinbruch der Finanzpolitik / First Sea Lord warnt vor negativen Folgen
Klaus Gröbig

Um die Jahrhundertwende gab es folgendes Bonmot. Eine britische Lady tauchte ihren Finger in Seewasser, schmeckte daran und befand, es sei salzig – also britisch.Damit war es 1919 vorbei, aber der richtige Abstieg der britischen Seemacht begann 1945. Die Royal Navy entwickelte sich nur in eine Richtung: Reduzierung. Eine Konsolidierung britischer Seemacht fand eigentlich nur ab 1979 zur Zeit der Regierung Margaret Thatchers statt. 1981 gab Verteidigungsminister John Nott die künftig angestrebte Stärke der Royal Navy bekannt. Sie hatte damals gar die Vermehrung der nuklear getriebenen U-Boote zum Gegenstand. Bis zum Zusammenbruch des Sowjetimperiums konnte die Zahl der 50 Zerstörer/Fregatten gehalten werden. Die Royal Navy nahm 1990 einen respektablen dritten Platz in der Rangfolge der Seemächte ein. Danach ging es weiter bergab. Die Marine wurde wieder zum Steinbruch der Finanzpolitik. Zur Milleniumswende gab es noch 34 und zehn Jahre später nur mehr 25 Fregatten/Zerstörer.

Weitere Reduzierungen sind fest eingeplant. Um das richtig einordnen zu können: Japan hat heute weit mehr hochseefähige Einheiten als Großbritannien, Frankreich zog gleich, Italien wird wohl demnächst folgen. Kein Wunder, daß Marinechef Admiral Sir Mark Stanhope in Anbetracht des Libyen-Einsatzes vor einem Kollaps der Marine warnte.

Prunkstück britischer Seemacht sollten zur Jahrtausendwende zwei Superträger werden. Seit Ende der 1970er Jahre verfügte die Navy nicht mehr über „richtige“ Flugzeugträger, sondern nur noch über drei Schiffe für Senkrechtstarter.

Die Entwicklung der beiden neuen britischen Superträger ist ein Beispiel dafür, wie Sparbemühungen von Politikern in der Verteidigungspolitik dazu führen können, daß am Ende weniger Waffensysteme mehr Kosten bedeuten können. 2003 wurden dann tatsächlich die Beschlüsse gefaßt, aber erst im Juli 2008 die Bauaufträge erteilt. Die Navy hoffte mit Baukosten in Höhe von 2,8 Milliarden Euro auszukommen, der britische Rüstungskonzern BAE Systems veranschlagte vier Jahre später 4,8 Milliarden.

Doch mit dem Wunsch, an der Rüstung zu sparen, „dokterten“ die Minister an dem Programm herum. Es wurde zeitlich „gestreckt“ und die Fähigkeiten der Träger reduziert. Nun werden die „Queen Elizabeth“ und „Prince of Wales“ nicht 2015/17 zur Navy stoßen, sondern erst 2020. Dafür kostet dann das ganze Programm zwölf Milliarden Euro.

Nach der Außerdienststellung von HMS „Ark Royal“ besitzt die Marine nur noch den Hubschrauberträger HMS „Illustrious“. Der soll 2014 aber außer Dienst gestellt werden. Ursprünglich hatte die konservative Regierung Cameron beabsichtigt, nur einen der beiden Träger zu Ende zu bauen. Von diesem Plan kam man aber wieder ab, da die Vertragsstrafen höher gewesen wären als der Fertigbau. Nun will London einen Träger halten und den anderen verkaufen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen