© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/11 22. Juli 2011

Frisch gepresst

Seebäder. Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden an den europäischen Küsten die ersten Seebäder. Die Attraktion eines langen sommerlichen Ausspannens in der Natur erhöhte sich bald in dem Maße, wie der Druck des „stahlharten Gehäuses“ (Max Weber) der industriellen Welt zunahm. Es braucht daher kaum hundert Jahre, bis an Ost- und Nordsee beinahe jedes Fischerdorf zum Badeurlaub einlud. Da hatten sich die ersten preußischen Ostseebäder, Zoppot an der Danziger Bucht und Cranz an der Samlandküste nahe Königsberg, schon zu mondänen kosmopolitischen Treffpunkten von Adel und Bürgertum entwickelt. Zoppot und Cranz, im Vergleich mit dem primär von Deutschbalten geprägten Badebetrieb am Rigaschen Strand, wählte die Osteuropa-Historikerin Olga Kurilo daher für ihre exemplarische Studie zur Geschichte der Ostseebäder aus, die zwar nach der Wende in Osteuropa von 1990 nicht mehr an den Glanz vergangener Zeiten anknüpfen können, sich immerhin aber schon wieder zu begehrten Tummelplätzen der „neuen Reichen“ des Postsozialismus entwickeln. Ihr reichbebildertes, von Karl Schlögel eingeleitetes Büchlein ist ein skizzenhafter, von guter Quellenkenntnis zeugender Zugriff auf ein Thema, der hoffentlich weitere Forschungen anstößt. (ob)

Olga Kurilo:       Zoppot, Cranz, Rigascher Strand.Ostseebäder im 19. und 20. Jahrhundert. Bebra Wissenschaftsverlag, Berlin 2011, broschiert, 158 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro

 

Werteverfall. Die Ausgangsthese des Schweizer Theologen Hansjürg Stückelberger ist so einfach wie bestechend: Die europäische Kultur verdankt sich der christlichen Religion. Also deutet er den „Abstieg Europas“ als Folge der Entchristlichung, des Verrats am biblischen Gottes- und Menschenbild. Die an die Stelle des Glaubens getretene Vernunft macht er für die katastrophische Entwicklung der europäischen Gesellschaften von der Französischen Revolution bis ins totalitäre Zeitalter verantwortlich. Seine geschichtstheologische Überschau endet mit einem Kapitel zu „Europas Orientierungslosigkeit“, das sich kritisch mit der Zerstörung der christlichen Werte durch die „68er Revolution“, die feministische Bewegung, die Propagierung „gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“ und die „Gender“-Ideologie auseinandersetzt. (ck)

Hansjürg Stückelberger: Europas Aufstieg und Verrat. Eine christliche Deutung der Geschichte. MM Verlag, Aachen 2011, gebunden, 480 Seiten, 22,90 Euro

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