© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/11 29. Juli / 05. August 2011

Kindgerechte Katastrophenberichte
Immer mehr „Kindernachrichten“ vor allem bei den Öffentlich-Rechtlichen / Nachwuchs soll „gesellschaftsfähig“ werden
Philippa Durst

Was denkt wohl ein Sechsjähriger, wenn er Bilder vom Massaker in Norwegen sieht oder vom Elend der Erdbebenopfer in Haiti erfährt? Die meisten Eltern erklären ihrem Nachwuchs solche Meldungen aus dem „Erwachsenen-Fernsehen“ kindgerecht – und damit ist die Sache für sie erledigt.

Auf ihrer steten Suche nach neuen Lesern und Zuschauern haben mehrere Medienkonzerne auch aus dieser Problematik eine kleine Wissenschaft gemacht. In München trafen sich in der vergangenen Woche Experten zu einer Konferenz über kindgerechte Berichterstattung über „Tsunami und Super-Gau“. Vertreten waren mehrere Verlage, vor allem aber öffentlich-rechtliche Sender, die Kindersendungen mit Nachrichtencharakter produzieren wie der Bayerische Rundfunk (Klaro), ARD (Neuneinhalb) oder ZDF (Logo!).

Immerhin ergeben Studien, daß deutsche Kinder besser als amerikanische über das Zeitgeschehen informiert sind, obwohl letztere viel mehr fernsehen. In den USA gelten Kinder unter drei, die weniger als drei Stunden am Tag fernsehen, als „Wenigseher“.

Etwas einfacher ist die Berichterstattung für Schulkinder. Sie sind auch für Agenturen und Verlage interessant. DPA beschäftigt, von der Öffentlichkeit jedoch kaum registriert, eine eigene Kindernachrichten-Redaktion. Diese stellt pro Tag mindestens 25 Texte mit Bildern und Grafiken zur Verfügung.

Der Spiegel gibt seit 2010 eine Kinderausgabe für Neun- bis Zwölfjährige heraus. Das Produkt leidet noch unter Kinderkrankheiten: Anzeigenkunden finden sich kaum für das 74seitige Magazin, vor allem solche, die auch tatsächlich kindgerechte Anzeigen schalten.

Die Journalisten waren sich allen Schwierigkeiten zum Trotz einig: Kinder sollen schonend, aber auch möglichst schnell „gesellschaftsfähig“ gemacht werden. Ergo: Sie sollen ans Weltgeschehen herangeführt werden. Zudem sollten möglichst alle Kinder erreicht werden. Der Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, meint dazu: „Wir stehen erst am Anfang.“

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