© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/11 / 12. August 2011

Stimmungsmache gegen Islamkritiker
Rückschlag für Broder & Co.: Linke Medien haben sie als neuen Hauptfeind ausgemacht
Michael Kreuzberg

Wie zu erwarten war, hat nach dem Attentat von Oslo so ziemlich jeder aus dem Spektrum der Islam- und Multikulturalismuskritiker seine Ohrfeige bekommen: angefangen mit Thilo Sarrazin, Henryk M. Broder und Mathias Döpfner über Internetportale wie „Politically Incorrect“ (pi-news.net) bis hin zu den sogenannten „Rechtspopulisten“ à la Geert Wilders oder Fortschrittspartei.

Am ungerührtesten setzte sich Broder zur Wehr, der freilich auf seine Hofnarrenfreiheit im Medienzirkus setzen konnte. „Man braucht einen Sündenbock“, konstatierte er in einem Interview mit dem Stern, dem er vorwarf, sich als „Tribunal“ und „Volksgericht“ zu gerieren. Dieser Eindruck ersteht in der Tat, angesichts der zwei Doppelseiten umfassenden Illustration zu einem Hetzartikel über die Macher von pi-news, der von linken Berufsdenunzianten wie Andrea Röpke und Anton Maegerle mitverfaßt wurde.

Eine Collage aus Hunderten „vielfältigen“ und „bunten“ Porträtfotos soll die „offene Gesellschaft“ darstellen, deren angebliche „Feinde“ werden auf der nächsten Doppelseite durch drei armselige Figuren vor schwarzem Hintergrund repräsentiert. Wer sich fragt, wie denn diese „Feinde“ zugleich zahlenmäßig so unbedeutend, andererseits aber so gefährlich sein können, hat die Botschaft an den Leser nicht verstanden. Sie lautet: Wer so denkt wie diese hier, darf sich schon einmal darauf gefaßt machen, an den Pranger gestellt und aus der multikulturellen Volksgemeinschaft isoliert zu werden.

Daß sich pi-news gleich nach dem norwegischen Attentat außerordentlich selbstkritisch gezeigt hat, hat seinen Verantwortlichen nichts genutzt: In Ermangelung nennenswerter „rechtspopulistischer“ Parteien und Politiker in Deutschland haben sich die einschlägigen Medien gerade diese Seite zum Lieblingsprügelknaben ausgesucht.

Unter einer „Spur des Bösen“ wollte es der Spiegel nicht machen, der Anders Breivik als eine Art Hannibal Lecter der „rechten Populisten“ präsentierte, ebenfalls mit besonderem Augenmerk auf pi-news, dessen Leser nun frei nach Brecht als „Schoß, aus dem das kroch“, diffamiert werden sollen. Eine taz-Kommentatorin etwa witterte schon politischen Profit: „Angesichts dieser Katastrophe kristallisiert sich die Möglichkeit heraus, sich endlich von der bedrohlich mittig gewordenen Islamophobie zu distanzieren.“

Der linken Parole vom „Extremismus der Mitte“ und der Stimmungsmache des Spiegel versucht dagegen nur die FAZ und der Focus den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie gleich in mehreren Beiträgen eine scharfe Trennlinie zwischen der Tat und dem ideologischen Hintergrund des Täters ziehen ließen, unter anderem von dem renommierten Philosophen Wolfgang Sofsky.

Es bleibt die Frage, was Breivik zu seiner Schreckenstat getrieben hat. Eine These linker Medien lautet: Das wäre nicht passiert, wäre er „gezwungen“ gewesen, seine Informationen durch eine normale Zeitgeist-Tageszeitung zu erhalten. Damit dergleichen also nicht mehr passiert und die Leute sich nicht mehr „von Blog zu Blog hangeln“ und „nur noch in dieser geistigen Sauce“ bewegen können, hat Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auch schon eine geniale Idee kundgetan: Er dachte im Spiegel lautstark darüber nach, Blogger zur Verwendung ihres Klarnamens zu zwingen.

Doch dies hätte in vielen Fällen die soziale Ächtung der Blogger zur Folge. Das gilt für Skandinavien noch stärker als für Deutschland, wovon der 36jährige norwegische Blogger Peder Jensen ein Lied singen kann: Seine unter dem Namen „Fjordman“ veröffentlichten islam- und liberalismuskritischen Essays beeindruckten Anders Breivik so sehr, daß er sie massenweise in sein Manifest kopierte. Da er eine zentrale Figur der englischsprachigen „Konterdschihad“-Szene ist, ging kurz nach dem Doppelattentat das Gerücht um, Fjordman sei mit Breivik identisch.

Nun hat sich Jensen in einem mutigen Schritt selbst freiwillig bei der Polizei gemeldet und einer norwegischen Zeitung ein kurzes Interview samt Foto gegeben, um deutlich zu machen, daß er nichts zu verbergen hat und mit den Morden nicht das geringste zu tun. Aus „Gründen der persönlichen Sicherheit“ werde er sich nun aber aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Ob er weiter schreiben wird, ist noch ungewiß. Jensens Hausseite „Gates of Vienna“ jedenfalls verzeichnet dieser Tage verzehnfachte Zugriffszahlen – die Betreiber laden die neuen Besucher ein, die Seite und die Texte Fjordmans jenseits des medialen Zerrbildes kennenzulernen und sich selbst ein Bild zu machen.

Foto: Lieblingsprügelknaben: Islamkritische Blogger werden im Stern zu Feinden der „offenen Gesellschaft“ stilisiert und sozial geächtet

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