© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/11 / 19. August 2011

Frisch gepresst

Ostelbien. „Wir Mecklenburger sind nur Herrn und Knechte, nichts als die Luft ist uns gemein“, beschrieb Hoffmann von Fallersleben 1845 den ständischen Charakter im zweigeteilten Großherzogtum (M.-Strelitz/M.-Schwerin) an der Ostseeküste. Noch 1935 erklärte NS-Gauleiter Friedrich Hildebrandt, das Land zwischen Elbe und Recknitz sei immer noch das „Gebiet im deutschen Vaterland, das klassen- und standesmäßig am zerrissensten war und ist“. Tatsächlich hatten sich die politischen Verhältnisse im klassischen Herrschaftsraum des ostelbischen Adels inzwischen grundlegend gewandelt, wie Bernd Kasten in seiner Habilitationsschrift zeigt. Bald nach der Reichsgründung trieb die Agrarkrise den Großgrundbesitz des Erbadels in bürgerliche Hände; der Großherzog dankte 1918 ab. Mit unverhohlener Sympathie beschreibt der Leiter des Schweriner Stadtarchivs die politische „Emanzipation“ der Sozialdemokraten in den kaum industrialisierten Kleinstädten. Wer so schematisch urteilt, dem gelingt kein durchdringender Blick auf das großagrarische Milieu, das sich nach 1918 politisch in der DNVP sammelte, langsam mit der Republik aussöhnte und sich nur zum Teil von der Volksgemeinschaftsideologie der NSDAP einfangen ließ. Kein Wunder also, daß es angesichts der spätgeborenen Besserwisserei des vielschreibenden Stadtarchivarius im Habilitationsverfahren mächtig rumpelte. (cs)

Bernd Kasten: Herren und Knechte. Gesellschaftlicher und politischer Wandel in Mecklenburg-Schwerin 1867–1945. Edition Temmen, Bremen 2011, gebunden, 432 Seiten, 29,90 Euro

 

Herzhaft. Mitglieder bündischer Gemeinschaften wissen, wie abwechslungsreich die Erlebnisse auf den Fahrten oder Treffen sein können. Zum 100jährigen Jubiläum des seit 1911 in Österreich bestehenden Wandervogels wurde ein „Herzhafter Hauskalender“ veröffentlicht. Neben einem Artikel über die verschiedenen Bünde oder einem Wandervogel-ABC, werden auch Texte veröffentlicht, die Jugendliche während ihrer Fahrten oder Feste geschrieben haben. Ein Mädchen berichtet von ihrer Feuerwache, der Zusammenhang zwischen der Grünen-Bewegung und den Bündischen in den siebziger Jahren wird diskutiert und selbstgeschriebene Theaterstücke sind abgedruckt. Auch „Nichtbündische“ dürften diesem netten „Poesiealbum“ etwas abgewinnen. (dsr)

Freundeskreis der Stiftung „Soziales Friedenswerk“: Herzhafter Hauskalender. 176 Seiten, gebunden, 17,80 Euro. Bestelladresse: Norbert Prohaska-SFW, Fuhrmannsgasse 18-1, A-1080 Wien

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