© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/11 / 19. August 2011

Haltungsnote
Impulsiver Sprachschützer
Christian Schwiesselmann

Denglisch, jene sprachliche Mischform aus deutscher Grammatik und englischer Lexik, spiegelt für viele abgeklärte Zeitgenossen lediglich das „Modernisierungsfieber“ (Dieter E. Zimmer) kurz vor der Abenddämmerung einer großen Kulturnation sprachlich wider.

Mancher bleibt aber nicht so gelassen. Walter Krämer zum Beispiel, der Vorsitzende des Vereins Deutsche Sprache, der jüngst in der Bild-Regionalausgabe für das Ruhrgebiet bekannte: „Wenn irgendein Idiot aus Ausverkauft ‘Sale’ macht, raste ich aus. Jede Oma kennt Ausverkauf, aber nicht ‘Sale’. Wer solche Wörter benutzt, will sich nur aufplustern! Das ist Imponiergebabe.“

Der 62jährige Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der Technischen Universität Dortmund hat die Glasköpfe der Business-Englisch sprechenden Anzüge in den Kreativabteilungen durchschaut. Nach seiner Meinung würden speziell deutsche Unternehmen versuchen, sich mit ein paar exotisch klingenden Brocken ein weltmännisches Flair zu geben und mehr zu scheinen, als zu sein. Bei den Kunden komme das eher peinlich rüber, meint Krämer, der 1996 mit seinem „Lexikon der populären Irrtümer“ eine ganze Lawine ähnlicher Titel lostrat.

Den Diplom-Mathematiker nerven Floskeln wie „Young Men Fashion“ (Karstadt) oder „Handy Day Flat“ (Telekom). Trotzdem setzt der oberste Sprachpfleger, der 2010 den Negativtitel „Sprachpanscher des Jahres“ an Fritz Pleitgen aushändigte, auf die sprachliche Vernunft der Deutschen. Immerhin heiße der „Stalker“ im Justizministerium schon heute Nachsteller. Durchsetzen könnte sich auch der Begriff „Rudelgucken“ anstelle von „Public Viewing“. Englische Wörter seien dort gut, wo sie wie im Sport eine Lücke füllen, so Krämer, der nicht als „Fremdwortfresser“ gelten möchte.

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