© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/11 / 26. August 2011

Zeitschriftenkritik: Militär & Geschichte
Vor der Gefangenschaft bewahrt
Werner Olles

Als Walther Wenck (1900–1982), General der Panzertruppen, am 10. April 1945 als jüngster Armeeführer des Zweiten Weltkrieges das Kommando über die 12. Armee erhielt, war das Schicksal Deutschlands bereits besiegelt. Am 30. April 1945 teilte Generalfeldmarschall Keitel der Reichskanzlei in einem ernüchternden Telegramm mit, daß der langersehnte Entsatzangriff der 12. Armee auf die Reichshauptstadt gescheitert sei.

Tatsächlich hatte dieser nie stattgefunden. Hitlers Befehl, Berlin zu befreien, indem sich die Armee Wenck mit General Busses 9. Armee, dem XXXI. Korps und der Kampfgruppe des Waffen-SS-Generals Felix Steiner verbinden sollte, war nur ein letztes verzweifeltes Phantasiegebilde. Gegen die Rote Armee, die mit einem gewaltigen Aufwand an Menschen und Material am 16. April mit dem Ziel der Eroberung der deutschen Reichshauptstadt startete, hatte er keine Chance. Den fast 500.000 sowjetischen Soldaten unter Führung von Marschall Schukow hatten die in zahllosen Abwehrschlachten zermürbten Kräfte der Wehrmacht kaum noch etwas entgegenzusetzen.

Daß der Kampf der 12. Armee dennoch nicht vergeblich war, beschreibt der Militärhistoriker Klaus-Jürgen Bramm in der aktuellen Ausgabe der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift Militär & Geschichte“ (August/September 2011). Statt der aussichtslosen Befreiung Berlins verfolgte Wenck ein realistischeres Ziel. In einem begrenzten Vorstoß nach Osten beabsichtigte er, möglichst viele eingeschlossene deutsche Truppen vor sowjetischer Kriegsgefangenschaft zu bewahren und ihnen den Weg zur Elbe zu den US-Streitkräften offenzuhalten. So konnten auch zahllose Flüchtlingstrecks noch wertvolle Zeit gewinnen, um den rettenden Strom zu erreichen. Dafür glaubte Wenck das Leben der ihm anvertrauten jungen Soldaten, deren Moral trotz der verzweifelten Lage bemerkenswert gut war, so kurz vor dem Kriegsende noch einmal einsetzen zu können. Es war dies die letzte größere Operation der Wehrmacht, die dank der Tapferkeit und Opferbereitschaft der deutschen Soldaten zu einem beachtlichen, von der sowjetischen Geschichtsschreibung stets verschwiegenen Erfolg wurde.

Weitere Beiträge berichten über die Geschichte des Deutschen Alpenkorps im Ersten Weltkrieg und über die Entstehung des weltweit erfolgreichsten Soldatenliedes, „Wie einst Lili Marleen“, das als „Lied eines jungen Wachtpostens“, 1939 gesungen von Lale Andersen, als Schellackplatte herauskam und vor siebzig Jahren, am 18. August 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg beim Soldatensender Belgrad seine militärische Uraufführung erlebte. Zeitzeugen erzählen noch heute von der überwältigenden Resonanz und magischen Wirkung des in achtzig Sprachen übersetzten Liedes. So berichteten sowohl Soldaten des deutschen Afrikakorps als auch der britischen 8. Armee, daß bei seiner Ausstrahlung an vielen Frontabschnitten die Waffen schwiegen und der Krieg für einen kurzen Moment stillstand.

Kontakt: Pabel-Moewig Verlag, Karlsruher Straße 31, 76437 Rastatt. Das Einzelheft kostet 3,50 Euro, das Jahresabo 23,40 Euro. www.militaer-und-geschichte.de

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