© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/11 / 02. September 2011

Meldungen

Koloniales Erbe: Touristischer Schuldkult

Stuttgart. In einem schauerlichen „Denglisch“ tragen Philipp Rodrian (Eichstätt) und Hubert Job (Würzburg) vor, was deutsche Touristen in unserer ehemaligen Kolonie Südwestafrika, dem heutigen Nambia, mental bewegt, wenn sie auf den Spuren der Väter wandeln (Geographische Zeitschrift, 2/2010). Deutsche stellen die Hälfte der europäischen und ein Drittel aller Überseegäste des jungen Vielvölkerstaates. Namibische Reiseliteratur meidet daher lieber die „koloniale Vergangenheit“, um dieser ökonomisch wichtigen Klientel nicht den Urlaub zu vermiesen. Zumal im Mittelpunkt des einheimischen Geschichtsbildes nicht „deutsche Unterdrückung“ steht, sondern der Kampf gegen die südafrikanische Herrschaft und ihr Apartheidregime. Gut umerzogene Bundesdeutsche setzen indes andere Prioritäten. Es gäbe zwar Touristen, für die die „Kolonialvergangenheit“ bedeutungslos sei. Aber der Normaltyp störe sich „an allem Deutschen in Namibia“, verkörpert im „Kolonialherrenverhalten“ der übriggebliebenen Deutsch-Südwester. Er artikuliert auch reflexartig „Schuldgefühle“ angesichts dieses „Schandflecks“ deutscher Geschichte und verstünde nicht, warum das zu Ehren der Kolonialtruppen errichtete Reiterdenkmal in Windhuk „nicht schon lange entfernt wurde“. (jr)

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Erste Sätze

Eine Zeit des Niedergangs und der Auflösung war zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts über das deutsche Volk hereingebrochen.

Gottlob Friedrich Lipps: Weltanschauung und Bildungsideal, Leipzig 1911.

 

Historisches Kalenderblatt

3. September 1971: Im Viermächte-Abkommen über Berlin regeln alle vier Siegermächte die Grundlagen zur Fortsetzung ihrer alliierten Hoheitsrechte in der geteilten Stadt. Bis 1990 ist West-Berlin damit weiterhin kein vollwertiger Bestandteil der Bundesrepublik.

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