© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/11 / 02. September 2011

Preußens Gloria
Der Chef des Hauses Hohenzollern trat in Potsdam vor den Altar: schlicht, aber stilsicher
Marcus Schmidt

Als der Bräutigam eingehakt zwischen seiner Mutter und seiner Schwester, Herzogin Donata von Oldenburg und Prinzessin Cornelie-Cecilie von Preußen, durch das Spalier der Schaulustigen schritt, brandete Beifall auf. „Alles Gute, Kaiserliche Hoheit“, rief ein Mann auf dessen Hemd „Preußen forever“ prangte. „Gottes Segen!“ schallte es auf der gegenüberliegenden Straßenseite von einem anderen, der eifrig seine Preußen-Fahne schwenkte.

Die Rufe und der Jubel galten Prinz Georg Friedrich von Preußen, der sich am vergangenen Sonnabend in der Potsdamer Friedenskirche am Rande des Parks von Sanssouci mit Prinzessin Sophie von Isenburg trauen ließ. Für das Haus Hohenzollern war die Hochzeit ihres Chefs der erste große öffentliche Auftritt in ihrer alten Residenzstadt seit 1945. Wer jedoch mit den Bildern der prunkvollen Hochzeit des englischen Prinzen William mit Kate Middleton im Kopf nach Potsdam gekommen war, wird ernüchtert gewesen sein.

Keine goldenen Kutschen, keine Garderegimenter an der Strecke, keine Kavallerie, die das Brautpaar eskortierte. Stattdessen hatten die Hohenzollern einen Wachdienst engagiert, der die Zufahrtstraße mit Gittern absperrte, während die Polizei außer Sichtweite eine kleine Gruppe von Gegendemonstranten auf Abstand hielt. Und statt einer rauschenden Feier in einem Schloß begnügte sich das Brautpaar mit einem Bankett in der Orangerie von Schloß Sanssouci.

Doch gerade diese im Vergleich zur britischen Verwandtschaft geradezu preußisch schlichte Hochzeit machte den besonderen Reiz aus. Auf leisen Sohlen, aber mit Sinn für die Geschichte und vor allem Stil kehrten die Hohenzollern aus der Versenkung in die Öffentlichkeit zurück. Daß es sich nicht um irgendein Brautpaar handelte, wurde schon mit Blick auf die Gäste deutlich. Neben den obligatorischen Vertretern des deutschen und europäischen Hochadels machten sich auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (beide SPD), der das Brautpaar zwei Tage zuvor standesamtlich getraut hatte, auf den Weg in die Kirche.

Das vor der Einfahrt errichtete provisorische Fernsehstudio des RBB, der die Hochzeit ebenso wie der Hessische Rundfunk und der SWR direkt übertrug, zeigte das große öffentliche Interesse. Über eine schlechte Presse konnte sich das ehemalige preußische Königshaus jedenfalls nicht beschweren.

Die Zeit vom Einzug der Brautleute in die Kirche bis zum Ende des Gottesdienstes vertrieben sich die Zuschauer unterdessen mit dem Tausch von monarchischen Devotionalien und Anekdoten. Dazwischen tauchten immer wieder ahnungslose Touristen auf, die sichtlich irritiert versuchten, sich zwischen Preußen-Fahnen und Kameraleuten ein Bild von der Lage zu machten. „Das ist also von Preußen übriggeblieben“, entfuhr es einem Mann, der zufällig unter die Schaulustigen geraten war.

Am Ende, als das Brautpaar nach dem Gottesdienst unter dem Geläut der Glocken in einem von sechs Pferden gezogenen Landauer von der Kirche zum Empfang in den Park von Sanssouci fuhr, kam wieder Jubel auf und ein Hauch royalen Glanzes erfüllte die alte preußische Residenzstadt. Wenige Schritte von der Route des Prinzenpaares entfernt, am Luisenplatz, trommelten auf einer Bühne afrikanische Folkloregruppen. Kein Gruß aus den ehemaligen Kolonien, wie einige Zuschauer vermuteten, sondern das erste Potsdamer „Afrikafest“.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen