© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/11 / 02. September 2011

Haltungsnote
Herz und Heißblut
Christian Schwiesselmann

Das Höllenfeuer löscht nur einer, das ist Jesus und sonst keiner!“ Wer mit solchen Sprüchen auf die Kanzel steigt, hat Herz und Heißblut. Ein religiöser Eiferer im positiven Sinne. Doch nicht immer ist der Braunschweiger Pfarrer Frank-Georg Gozdek so gut gelaunt.

In seinem Brüdern-Rundbrief für Christen Augsburgischen Bekenntnisses beklagte der Seelenhirte von St. Ulrici-Brüdern kürzlich die apertura a sinistra, die Öffnung der Kirche nach links. Zum Anlaß seines Brandbriefs nahm Gozdek die Anti-NPD-Demonstration in Braunschweig vom 4. Juni. Damals habe sich die Kirche mit „Gewerkschaften, Grünen, Kommunisten, Linken, Schwulen und Antifaschisten“ verbrüdert und die Teilnahme am Bündnis „Bunt stoppt Braun“ zu einer „Gewissensache für alle Christen hochstilisiert“. Inklusive Spendensammlung, Geläut und Andachttexten.

Dem konservativen Prediger, der Frauenordination und Saft beim Abendmahl ablehnt, geht dies zu weit: „Es hatte sich, mit Verlaub gesagt, eine Volksfront gebildet, an der Genosse Stalin und Ernst Thälmann ihre Freude gehabt hätten.“ Die Kirche dürfe nicht mit Gruppierungen, Parteien und Kräften zusammengehen, deren Weltanschauung auf materialistischen und atheistischen Prämissen beruhe, zürnt der Gottesmann. Stattdessen müsse sie gegen den Strom der Zeit schwimmen und gegen den Ungeist von Extremisten das Evangelium setzen.

Beim Landesbischof Friedrich Weber blinkte sofort das „Nazometer“, er schaltete den „Distanzierungsautomaten“ ein: Godzeks Kritik erwecke den Eindruck, als könne es eine kirchliche Legitimation für den Rechtsextremismus geben. Damit tat er seinem Amtsbruder, den er vorher nicht angehört hatte, unrecht. „Ich fungiere als Brandmelder und werde wie ein Brandstifter behandelt“, sagte Gozdek der JF.

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