© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/11 / 09. September 2011

Grüße aus Athen
Empörung auf Urlaub
Panayotis Doumas

Der Sommer 2011 ist zu Ende – zumindest kalendarisch – und wird in der Erinnerung als „Sommer der griechischen Empörung“ haften bleiben. Empörung? „Empörung“ hat in Griechenland ihre besonderen Eigenschaften.

Seit Unterzeichnung des Memorandums des Internationalen Wahrungsfonds (IWF) im Frühjahr 2010 standen die Oppositionsmedien, Parteien und Gewerkschaften für eine einmalige Anti-Memorandum-Propaganda. Viele Griechen waren überzeugt, daß an ihrem miserablen Schicksal jeder andere schuld war – nur eben sie selbst nicht. Die bösen Deutschen, die EU, der IWF waren und sind die idealen Sündenböcke. Dabei war der Mehrheit der Bürger die dramatische Situation ihres Landes gar nicht bewußt, aber dennoch offen für luftige Lösungen. Rückkehr zur Drachme? Wieso nicht. Doch da erschrak selbst die Kommunistische Partei.

 „Verschwörung“ hallte es durch die Gassen. Die Regierung habe das Land für ein Stück Brot an die Deutschen verkauft. Das Volk demonstrierte seine Empörung am Syntagma-Platz von Athen und brüllte wütend gegen das Parlamentsgebäude, in dem die 300 „Verschwörer“  und „Verräter“ saßen. Die Massen füllten die zentralen Plätze der griechischen Großstädte. Sogar nachts kamen Hunderte zusammen, um ihre „Moutzas“ (uralte griechische offensive Geste, bei der man seine offene Faust zeigt) mit beiden Händen dem Parlament entgegenzurecken.

Viel Lärm um nichts. Denn am Ende wurde klar, daß die griechische „Auferstehung“ nicht viel mehr als eine billige Polit-Reality- Show war, in der die Bürger ihr revolutionäres Mütchen kühlten und sich mit billigem Bier vom Tagwerk erholten.

Doch dann flohen sie in den Urlaub. Einfach so! Die Revolution fuhr nach Mykonos,  Santorini, Paros und Rhodos. Auf dem Syntagma-Platz blieben nur die Obdachlosen, die Junkies, Drogenhändler und die illegalen afrikanischen Einwanderer, die die Immunität des Platzes ausnutzen, um ihre Imitationen zu verkaufen.

Quintessenz: Der Grieche wußte zwar, daß er demonstrieren wollte, nur wußte er nicht genau für was. Vielleicht wollte er es nicht wissen. Sonst hätte seine „Moutza“ wohl auch auf sich selbst gerichtet. Stattddessen boykottierte er für einen ganzen Monat das Wirtschaftsleben und ging schwimmen. Jetzt kommt er zurück, um  wieder in seine eigene bodenlose Misere einzutauchen.

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