© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/11 / 09. September 2011

Weniger Politik wagen
Laßt die Kunden entscheiden: Ein liberaler Zwischenruf anläßlich des Alkoholverbots in Hamburgs U-Bahn
André F. Lichtschlag

In Hamburger U-Bahnen ist Alkoholkonsum künftig verboten. Politik und Medien diskutieren heftig, ob diese neue Linie nun in ganz Deutschland gefahren werden sollte. Und genau das ist neben der Spur.

In einer freien Gesellschaft sollte jeder private Anbieter Verbote oder Gebote in seinen Betrieben erlassen dürfen, wie es ihm beliebt. Der Kunde entscheidet, welche Angebote er bevorzugt. Der eine Verkehrsbetrieb würde Biertrinken erlauben, ein anderer wie jetzt in Hamburg halbherzig verbieten, ein dritter würde Betrunkene konsequent am Einstieg hindern, auch auf der Reeperbahn. Und auch beim HSV-Heimspiel. So funktioniert Marktwirtschaft, wenn Eigentumsrechte geachtet werden. Was zählt, ist die beliebige Vorgabe des Anbieters. Und die freiwillige Annahme des Kunden. Das würde für Rauchverbote oder Abweisung unerwünschter Menschen(-gruppen) in Restaurants und Kneipen genauso gelten wie für Kruzifixe, Kopftücher oder Sexualkundeunterricht in Schulen.

Nur leben wir lange nicht mehr in einer freien Gesellschaft. Alles Private ist spätestens seit 1968 politisch, inzwischen sogar die Glühbirne im Schlafzimmer. Schulen sind eine „öffentliche Angelegenheit“, der Personennahverkehr ebenso. Selbst der Wirt darf nicht mehr entscheiden, wen er einlädt, draußenhält, rauchen läßt oder den Glimmstengel verbietet. Demnächst werden Politiker uns noch vorschreiben, was wir wann und wo essen dürfen – erste Schritte sind mit Werbeverboten und „Ampelkennzeichnungen“ längst gemacht.

Das Problem ist also nicht der Alkohol in der U-Bahn, sondern das Öffentliche am Nahverkehr. „Weniger Politik wagen“ böte sich als Lösung an: Es gibt Taxifahrer, die weisen Juhnkes Jünger ab. Andere nehmen Aufpreis und Waschtücher mit. Recht haben beide. Im übrigen ist der private Nahverkehr dem öffentlichen vorzuziehen.

 

André F. Lichtschlag ist Gründer und Herausgeber des libertären Monatsmagazins „eigentümlich frei“.

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