© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/11 / 16. September 2011

Die kontaminierten Gießkannen
Balkon- und Schrebergärtner sind erschrocken: Mineralien in Flüssigdünger sollen Uran-Anteile enthalten
Richard Stoltz

Aufregung bei Gartenfreunden jeglicher Couleur. Das TV-Magazin „Markt“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR) hat gemeldet, daß die Uran-Anteile in den Mineralien des zur Zeit gehandelten Gartendüngers „beängstigend angestiegen“ und „unzulässig hoch“ seien. Stichproben hätten das ergeben. Nun trauen sich die Balkongärtner im Einzugsbereich des NDR kaum noch, ihren Geranien die jetzt im Spätsommer an sich notwendigen Löffel Füssigdünger zu verpassen. Die Rede von den „kontaminierten Gießkannen“ geht um.

Dabei handelt sich um nichts weiter als um journalistische Wichtigtuerei. Es gibt in Berlin das Bundesinstitut für Risikobewertung mit über 700 hochqualifizierten Mitarbeitern, das sich auch schon mehrmals zur Risikohaltigkeit von phosphathaltigem Gartendünger geäußert hat. Sein Urteil lautete stets: Risiko Null. Und das war nicht etwa das Resultat von gelegentlichen Stichproben, sondern von kontinuierlicher Überwachung.

Wie kommt der NDR dazu, dieses fein abgestufte Kontrollsystem jetzt plötzlich mit Tatarennachrichten öffentlich zu desavouieren? Seine Macher wissen doch genau, wie verhängnisvoll sich leere Panikmacherei bei der Information über radioaktive Vorgänge auswirkt. Wenn sie wirklich etwas Konkretes zu beanstanden haben, dann sollen sie gefälligst Name und Hausnummer der entsprechenden Produkte nennen, statt unpräzise in der Gegend herumzufuchteln.

Wir leben bekanntlich, wie der Soziologe Ulrich Beck konstatiert hat, in einer „Risikogesellschaft“. Allgemeine Risiken, nicht zuletzt ökologische, müssen so präzise wie möglich bewertet werden, und zwar nicht nur von bundeseigenen Risikobewertungsstellen. Man darf nichts verschweigen oder untertreiben, aber auch nichts künstlich aufbauschen.

Das betrifft vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien und deren Informationsgebahren. Marktberichte wie die des NDR über kontaminierte Gießkannen sind schlicht unverantwortlich. Man verwirrt damit nicht nur erschrockene Schrebergärtner.

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